Zwei von drei Deutschen kennen ihre Rente nicht

Bankenverband fordert Infoplattform zur Altersvorsorge

Ein wesentlicher Grund: Informationen über gesetzliche, betriebliche und private Rentenansprüche sind uneinheitlich und ergeben kein transparentes Gesamtbild für den einzelnen Bürger. Der mangelnde Durchblick schürt Ängste: 70 Prozent der Teilnehmer gaben an, wahrscheinlich zu wenig zu sparen, und knapp die Hälfte fürchtet gar Altersarmut.

In der aktuellen Studie wurden mehr als 12.000 Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Rentenplanung befragt und für rund 1.000 Teilnehmer wurde app-gestützt ein persönliches Altersvorsorge-Cockpit mit konsolidiertem Rentenüberblick erstellt. Die Mehrheit der befragten Teilnehmer mit Cockpit (61%) fühlte sich anschließend gut über ihre Altersvorsorge informiert, und die Hälfte nahm das Cockpit zum Anlass, die eigene Altersvorsorge aktiv anzupassen.

Der Bankenverband und die Deutsche Renten Information (DRI) fordern deshalb die Etablierung einer zentralen und anbieterneutralen Informationsplattform – ein Altersvorsorge-Cockpit für alle Bürgerinnen und Bürger. Die Digitalisierung schaffe hierfür die technischen Voraussetzungen. Allerdings müssten alle Anbieter, also auch der Staat als Träger der gesetzlichen Rente, mit ins Boot geholt werden.

Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands: „Wir fordern von der neuen Bundesregierung die Einführung einer Informationsplattform für einen transparenten und verständlichen Gesamtüberblick über alle persönlichen Rentenansprüche. Denn drei von vier Verbrauchern haben neben der gesetzlichen Rente weitere Ansprüche aus betrieblicher und privater Altersvorsorge. Eine neutrale Informationsplattform könnte den notwendigen Durchblick schaffen, um Versorgungslücken offenzulegen und Anreize zur Vorsorge zu schaffen.“
Der Vorsitzende des Vorstandes der Deutsche Renten Information, Prof. Dr. Andreas Hackethal: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die akuten Herausforderungen in unserem Rentensystem ist eine solche Informationsplattform absolut notwendig. Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger besser einschätzen können, wie es um ihr persönliches Einkommen im Alter bestellt ist, können sie rechtzeitig reagieren. Insofern ist auch die aktuelle Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sehr zu begrüßen, im Rahmen eines Forschungsvorhabens Wege zu einer säulenübergreifenden Altersvorsorgeinformation aufzuzeigen.“ Bundesverband deutscher Banken e.V.

Rentendebatte endlich vom Kopf auf die Füße stellen

„Union und SPD dürfen die Augen nicht länger vor der Realität verschließen: Hart arbeitende Menschen wollen endlich Klarheit darüber, ob ihre Rente im Alter zum Leben reichen wird“, erklärt Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, angesichts der jüngsten rentenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen CDU/CSU und SPD. Birkwald weiter:

„Viele Menschen misstrauen zu Recht der privaten Vorsorge – der ineffizienten Riesterrente genauso wie einer hochriskanten Betriebsrente ohne jegliche Garantie. Sie wissen, dass sie mehrheitlich nicht bis ins hohe Alter werden arbeiten können. Im Übrigen ist es völlig legitim, im Rentenalter auch nicht mehr arbeiten zu wollen. DIE LINKE lehnt die Maloche bis zum Tode ab, denn es gibt ein Recht auf Ruhestand!

Deshalb sind die LINKEN-Leitplanken für eine große Rentenreform nach der Wahl klar: Die gesetzliche Rente muss wieder den Lebensstandard sichern. Das Rentenniveau darf nicht nur auf dem heutigen Stand stabilisiert werden, es muss dringend auf 53 Prozent angehoben werden. Lücken in der Erwerbsbiographie, zum Beispiel durch Kindererziehung, Pflege, Niedriglöhne oder Arbeitslosigkeit, dürfen nicht zu Altersarmut führen.

Und wir brauchen eine Haltlinie nach unten: Die Armutsschwelle von 1.050 Euro netto muss in Form einer einkommens- und vermögensgeprüften Solidarischen Mindestrente für alle ab 65 garantiert werden.“ Partei Die Linke im Bundestag

Arbeitssoziologe Bosch fordert Dekrete zur Tarifbindung gegen Altersarmut

In der aktuellen Rentendebatte hat sich der Arbeitssoziologe Gerhard Bosch gegen die Rente mit 70 ausgesprochen. „Die Rente mit 70 ist eine von Akademikern erfundene Kopfgeburt“, sagte der Professor der Uni Duisburg-Essen gegenüber der Tageszeitung „neues deutschland“. Das anhaltende Erschrecken der Bevölkerung über die Rente mit 67 würde ignoriert.

Die Debatte sei ein strategischer Erfolg der Wirtschaftsliberalen. Sie verenge Rentenpolitik auf die Stellschraube Eintrittsalter. Um Altersarmut zu verhindern, müssten die Löhne durch Tarifbindung erhöht werden. Deshalb solle die Regierung notfalls per Dekret Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären.

Auch Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, äußerte sich kritisch: „Man glaubt mit der Rente mit 70 sich aller Probleme zu entledigen. In Wirklichkeit verschärft man Altersarmut sogar.“ Er forderte, den Riesterzuschlag auslaufen zu lassen und mit frei gewordenen Mitteln die gesetzliche Rente zu stärken. Er plädierte außerdem für eine Mindestrente und die Anhebung des Rentenniveaus. neues deutschland

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