Frauen und Kinder eingeschlossen in Containerburgen, von Stacheldraht umzäunt: Das sind hässliche Bilder für Menschen, die die Gräuel des Krieges mit Ach und Krach hinter sich gelassen haben. Orbán bleibt sich treu. Er war einer der ersten in Europa, der sich Migranten durch Zäune vom Leib halten wollte. In Brüssel wurde er dafür gerügt. Ungarns Premier war der Vorläufer der radikalen Grenzen-dicht-Politik, die durch das Mauer-Vorhaben von US-Präsident Trump einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Er ist, wenn man so will, der kleine Trump. Die scharfe Kritik, die Orbán jetzt aus Deutschland und der EU entgegenschlägt, ist allerdings scheinheilig. Mittlerweile stehen auch in der Gemeinschaft die Zeichen auf der Begrenzung des Flüchtlingsansturms. Das Zauberwort der EU heißt nun: Migrationspartnerschaft mit Nordafrika. Der Sondergipfel in Malta hat vereinbart, künftig Flüchtlingslager in Libyen zu finanzieren. Selbst Kanzlerin Angela Merkel hatte die Idee von Auffanglagern ins Spiel gebracht. Nur: Wer soll garantieren, dass Menschen nicht eingesperrt werden wie in den Internierungslagern Ungarns? Das Motiv dieser Vorstöße ist verständlich. Doch vor Illusionen sei gewarnt: Libyen ist ein vom Bürgerkrieg zerrissenes Land. Es verfügt über eine zerbrechliche Regierung, die nicht viel mehr unter Kontrolle hat als einige Bezirke in Tripolis. Zu erwarten, dass Migranten dort eine menschenwürdige Unterkunft bekommen, ist bestenfalls Wunschdenken. Michael Backfisch – Westfalenpost
Ungarns Flüchtlingspolitik
Internierungslager für vor Bürgerkrieg und Not geflüchtete Menschen: Das hat uns in der Europäischen Union gerade noch gefehlt. Völlig zu Recht nennt das UN-Flüchtlingshilfswerk den Beschluss des ungarischen Parlaments „zutiefst beunruhigend“. Er ist unwürdig eines Landes, das sich zu einer Menschenrechten und westlichen Werten verpflichteten Gemeinschaft zugehörig fühlen will. Unbestritten haben derzeit viele Staaten des alten Kontinents Probleme, auf die Massenwanderungen als Folge des Elends in Afrika, im zerrütteten Nahen Osten oder in Afghanistan einerseits menschlich angemessen und andererseits für die eigene Bevölkerung verkraftbar zu reagieren.
Und gerade in der Bundesrepublik sollten wir nicht heuchlerisch so tun, als ob das politisch sich nun in anderen Zusammenhängen verheerend auswirkende Flüchtlingsabkommen mit dem türkischen Despoten Recep Tayyip Erdogan der reinen Lehre humanitären Handels entspräche. Doch ist es immer noch ein entscheidender Unterschied, ob man pragmatisch versucht, Wanderungsbewegungen Hunderttausender zu ordnen. Oder ob man – wenige Hundert – Männer, Frauen und Kinder in Not aus fremdenfeindlichen Erwägungen heraus einfach wegsperrt, weil einem wie Ungarns Regierungschef Viktor Orban deren Nationalität, Religion oder Kultur nicht passt. Das ist schändlich. Es wird Zeit, dass die EU für Staaten mit solchem Verhalten angemessene Sanktionen findet und durchsetzt – sonst verliert die europäische Idee selbst ihre Glaubwürdigkeit. Sandro Schmidt – Kölnische Rundschau
EU kriminalisiert Notleidende. Ungarn beschließt Internierung von Geflüchteten
„Die EU darf bei Abschied von Menschlichkeit, Recht und zivilisatorischen Grundwerten nicht weiter untätig bleiben“, fordert die Vorsitzende der Partei DIE LINKE, Katja Kipping.
Das EU-Recht verpflichtet offenbar nicht zum Schutz der Menschenwürde. Wieder einmal zeigt sich der doppelzüngige Charakter der EU: während ihre Repräsentanten die Einhaltung der Menschenrechte in der Welt anmahnen sorgt sie nicht dafür, dass Menschen, die vor Verfolgung und Folter fliehen, humanitäre Visa in einem EU-Mitgliedstaat erhalten. Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass Mitgliedsländer der Europäischen Union nicht verpflichtet werden können, eine Einreisemöglichkeit für Asylbewerber mittels Visa zu schaffen.
Statt einer Rechtsprechung, die EU-Regierungen von ihrer humanitären Verantwortung freispricht, muss es EU-weite Regelungen für die Aufnahme von Geflüchteten geben. Die menschenverachtende Entscheidung des ungarischen Parlaments, alle Geflüchteten festzusetzen, zeigt auf dramatische Weise, wohin das Gerede von einer Obergrenze à la Seehofer führen kann. Der universelle Flüchtlingsschutz ist keine Mildtätigkeit, die man nach Gutdünken verweigern kann. Es handelt sich ein universelles Grundrecht, das nicht nur ein elementarer Bestandteil des europäischen Rechts ist, sondern zudem eine Lehre aus den dunkelsten Kapiteln der europäischen Geschichte: der Nazizeit.
Die ungarische Regierung betreibt eine Abschottungs- und Abschreckungspolitik gegenüber Menschen in Not, der offenbar jedes Mittel recht ist. Bereits Ende Februar, im Rahmen meiner Informationsreise zur Situation von Geflüchteten in Serbien, berichteten mir Geflüchtete von kollektiven Ausweisungen ohne vorheriges rechtliches Verfahren und von massiven Misshandlungen durch ungarische Polizeikräfte.
Diese klaren Rechtsbrüche dürfen von der Europäischen Union nicht weiter geduldet werden. Die EU darf nicht weiter untätig zuschauen, wie sich ein Mitgliedstaat immer weiter von Menschlichkeit, Recht und jeglichen zivilisatorischen Grundwerten verabschiedet. Wer wegschaut, der macht mit. Wir fordern die EU-Institutionen auf, Untersuchungen einzuleiten und Rechtsverstöße zu ahnden.
Wir brauchen eine humane, offene Flüchtlingspolitik auf deutscher wie europäischer Ebene. Eine Fluchtumlage für die solidarische Verteilung entsprechend den Wünschen der Geflüchteten und den sozialen und wirtschaftlichen Möglichkeiten aller Mitgliedstaaten wäre der erste Schritt. Humanitäre Visa müssen europarechtlich bindend festgeschrieben werden, um die Abschottung der EU zu beenden. Partei Die Linke im Bundestag
Nicht zusehen, wenn in der EU Menschenrechte mit Füßen getreten werden
SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin kritisiert neues Asylgesetz in Ungarn scharf und fordert Kehrtwende in Richtung menschlicher Behandlung von Geflüchteten
Das neue Asylgesetz in Ungarn, das am Dienstag beschlossen wurde, ist beispiellos in der EU. Schon bisher wurden manche Staaten für ihren rigiden Umgang bei der Aufnahme von AsylwerberInnen kritisiert, die europäische Solidarität vermissen ließ. Mit den Maßnahmen, die Ungarn jetzt beschlossen hat, entfernt man sich aber zunehmend von menschenrechtlichen Prinzipien, kritisiert heute SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Katharina Kucharowits und fordert deutliche Worte seitens der EU.
Unter anderem ist vorgesehen, dass alle in Ungarn befindlichen AsylwerberInnen, es sind rund 600, in Haft genommen und in Containern in einer Transitzone an der serbischen Grenze gebracht werden sollen, die sie nicht mehr verlassen dürfen. Zudem wird die Frist für Einsprüche nach einem negativen Bescheid auf drei Tage verkürzt, die Vernehmung durch das Gericht kann persönlich oder per Telefon stattfinden und muss ebenfalls innerhalb von drei Tagen passieren. Damit sollen die Asylverfahren verkürzt werden.
Katharina Kucharowits, Nationalratsabgeordnete der SPÖ, kritisiert: „Wie sollen unter dem Vorwand von beschleunigten Asylverfahren innerhalb von drei Tagen sinnvolle Einzelfallprüfungen stattfinden? Noch dazu, wenn es nicht einmal eine persönliche Anhörung gibt? Das sind unhaltbare Zustände, die in der Beschränkung der Bewegungsfreiheit gipfeln! Das ist unfassbar und darf nicht unwidersprochen bleiben!“
Betroffen sind davon auch Kinder, die jetzt in Containern hausen müssen, was die SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin besonders erzürnt und auch vom UNHCR kritisiert wird. Kinder in Haft stellten einen eindeutigen Widerspruch zu den Kinderrechten dar, die immerhin auch Ungarn unterzeichnet habe. „Wir können nicht länger zusehen, wenn Menschen- und Kinderrechte mit Füßen getreten werden. Hier wird Machtpolitik auf dem Rücken der Ärmsten und Schwächsten gemacht – die EU muss sich überlegen, ob sie solche Gesetze in ihren Mitgliedsstaaten tolerieren kann!“, so die Abgeordnete. SPÖ-Bundesorganisation
Ungarn: UN kritisieren Internierung von Asylbewerbern