Trumps Coronapolitik

Die Gefahr der großen Zahlen

Trumps Coronapolitik

Die Situation verleitet geradezu, in Zynismus zu verfallen: Jetzt, da US-Präsident Donald Trump erkannt hat, dass das Coronavirus auch seine Wiederwahl gefährden könnte – jetzt beginnt auch in den USA der ernsthafte Kampf dagegen. Die Coronakrise ist die Stunde, in der Politiker vom Schlage Trumps oder Johnsons in Großbritannien endgültig entzaubert werden. Weil sie die Gefahr erst lange nicht zur Kenntnis nehmen wollten und weil sie jetzt umso hektischer versuchen zu retten, was hoffentlich noch zu retten ist. Allerdings ist keine Sekunde lang Zeit für Genugtuung über dieses Schauspiel, und es ist schon gar keine Zeit für Zynismus. Die Lage ist todernst und brandgefährlich, buchstäblich.

Das Gesundheitssystem in den USA ist schon zu Normalzeiten nicht darauf ausgelegt, jedem Bürger eine chancengleiche Versorgung zukommen zu lassen. Sollten die schlimmen Befürchtungen über den Verlauf der Coronapandemie in den USA eintreffen, dann übersteigt dies noch das, was wir derzeit in Italien mit ansehen müssen. Und welche Verwerfungen dies im Zusammenhang mit strikten Beschränkungen des öffentlichen Lebens auslösen könnte, in einem Land, in dem schon zu Normalzeiten Schießereien an der Tagesordnung sind – man mag es sich nicht ausmalen. Und natürlich gilt auch für die US-Wirtschaft: Ein dauerhafter Einbruch wäre vielleicht eine Genugtuung für die Trump-Gegner, weil er damit seines zentralen Versprechens beraubt wäre. Aber es wäre eine sehr schlechte Nachricht für die Weltwirtschaft. Und damit auch für uns hierzulande. Hoffen wir also, dass Trump den Kampf gegen Corona gewinnt.¹

Na klar, Donald Trump will wieder alle toppen. Das Konjunkturpaket, das der US-Präsident verkündet hat, soll zwei Billionen Dollar umfassen. Billionen! Zum Vergleich: Das entspricht ungefähr dem Betrag, den Deutschland über den Zeitraum von 25 Jahren für die Wiedervereinigung aufgewandt hat. Wer aber für die kurze Frist derart monumentale Beträge mobilisiert, geht hohe Risiken ein. Zum einen ist es nie genug, zum anderen entsteht ein Wettlauf wie bei der Aufrüstung im Kalten Krieg. Alle Waffen liegen auf dem Tisch, hatte Finanzminister Olaf Schulz jüngst gesagt. Jetzt hat der Bundestag den Nachtragshaushalt von 156 Milliarden Euro verabschiedet, der im Vergleich mit den USA trotz seiner historischen Dimension klein klingt. Die großen Zahlen sollen Vertrauen stiften, doch sie werden folgende Generationen belasten.

Und wie soll das eigentlich gehen, wenn das nächste neuartige Virus sich auf die Reise macht oder andere Krisen umfassende Reaktionen erfordern? Keine Frage, die Wirtschaft muss unterstützt werden. Aber viel wichtiger als der Zahlenzauber, der selbst an den Finanzmärkten verpufft, sind die Details. Kleine und mittlere Unternehmen, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, geraten jetzt in Not, weil bei ihnen die Kosten weiterlaufen, während die Umsätze wegbrechen. Viele können das nur einige Wochen überstehen, und da helfen ihnen auch Kredite wenig. Deswegen sind die Einmalzahlungen von bis zu 15.000 Euro pro Unternehmen ebenso wie die Kurzarbeiterregelung so wichtig.

Die Antragsflut bei diesen Instrumenten muss schnell abgearbeitet werden. Die Behörden müssen so ausgestattet werden, dass sie das unter den derzeit ohnehin erschwerten Arbeitsbedingungen hinkriegen. Das hilft mehr als das nächste Milliarden- oder Billionenversprechen.²

¹Christian Matz – Allgemeine Zeitung Mainz ²Rheinische Post

DasParlament

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