Im Ringen um die SPD-Führung hat das Duo Boris Pistorius und Petra Köpping einen Verbündeten hinzugewonnen. SPD-„Kanzlermacher“ Matthias Machnig, der 1998 und 2002 die erfolgreichen Wahlkämpfe von Gerhard Schröder organisiert hatte, stellte sich hinter Niedersachsens Innenminister und Sachsens Integrationsministerin: „Ich wünsche mir, dass Boris Pistorius und seine Partnerin Petra Köpping in die zweite Runde kommen. Sie sind ein vielversprechendes Angebot für die Partei“, sagte Machnig im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).
Bei der Suche nach einem neuen Führungs-Duo für die Genossen „kann es ja nicht nur um Sympathie gehen, sondern um die Frage, wer der Partei wieder ein glaubwürdiges inhaltliches Profil geben kann“, erklärte Machnig. „Boris Pistorius könnte das schaffen.“ Die Erneuerung müsse aus den Ländern und aus den Kommunen kommen. Dort sei die Partei verankert, und dort sei sie stärker als auf Bundesebene. „Nicht nur als Innenminister von Niedersachsen, auch als früherer Bürgermeister von Osnabrück steht Pistorius für diese Verankerung“, begründete Machnig seine Positionierung. Pistorius habe auch klargemacht, dass er als SPD-Chef nicht in die Bundesregierung eintreten, sondern sich auf die Parteiarbeit konzentrieren würde. „Das braucht die SPD“, sagte Machnig, der lange zu den einflussreichen Strippenziehern seiner Partei gehörte.
Die Chancen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz sieht Machnig skeptisch. „Unter normalen Umständen müsste ein Vizekanzler als eindeutiger Favorit ins Rennen um den Vorsitz gehen. Der bisherige Verlauf der Konferenzen vermittelt, was Olaf Scholz betrifft, ein anderes Bild“, sagte der Ex-Wirtschaftsminister von Thüringen und frühere Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. „Das zeigt die deutliche Distanz, die es in großen Teilen der SPD gegenüber der Großen Koalition gibt.“
Vor dem Start der 23 Regionalkonferenzen hatte Machnig gewarnt, das Verfahren werde den Eindruck einer „kopflosen Selbsterfahrungsgruppe“ vermitteln. Über die bisherigen Vorstellungsrunden zeigte er sich enttäuscht: „In allen Veranstaltungen fehlen konkrete Antworten auf den massiven Vertrauensverlust der SPD. Die 13-Prozent-Realität scheint in vielen Teilen der Partei noch immer nicht angekommen zu sein. Aber genau darum muss es gehen: Wie kommt die Partei aus der Existenzkrise? Das ist die Aufgabe.“¹
Niedersachsens Innenminister Pistorius will SPD-Mitgliederreferendum auch bei der Auswahl des Kanzlerkandidaten
Der niedersächsische Innenminister und Kandidat für den Vorsitz der SPD, Boris Pistorius, will einen Kanzlerkandidaten oder eine Kanzlerkandidatin von den Mitgliedern bestimmen lassen. „Schon Willy Brandt wollte ,Mehr Demokratie wagen‘. Wir sollten zukünftig die Mitglieder bei wesentlichen Personal- und Sachfragen mitentscheiden lassen. Natürlich besonders bei der Frage nach einer Spitzenkandidatin oder einem Spitzenkandidaten“, sagte Pistorius der Düsseldorfer „Rheinische Post“. Seine Mitbewerber kritisierte Pistorius für ihre Lust an der Abwicklung früherer SPD-Beschlüsse.
„Es ist ein Überbietungswettbewerb in der Frage, was wir aus der Vergangenheit am liebsten abwickeln würden. Dabei sind viele der Bewerber ja selbst in den vergangenen Jahren an allen maßgeblichen Beschlüssen beteiligt“, so Pistorius. Petra Köpping und er seien dagegen erstmals 2017 stimmberechtigtes Mitglied eines Bundesparteitags geworden. „Wir versprechen glaubwürdig einen Neuanfang und nicht alles, was die SPD in einer Regierung mit der CDU durchsetzt, ist per se schlecht.“ Die Frage eines Austritts aus der Koalition dürfe nicht taktisch, sondern müsse inhaltlich begründet sein.²
¹Neue Osnabrücker Zeitung ²Rheinische Post