SPD-Landesfraktionschef Thomas Kutschaty hat der NRW-Landesregierung grobe Fehler im Krisenmanagement vorgeworfen. „Die Schulministerin und der Familienminister haben den Eindruck erweckt, als würden die Schulen und Kitas nun ab sofort öffnen. Das war ein absoluter Irrlauf der Landesregierung“, sagte der Oppositionsführer im Landtag der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Dieses Hin und Her habe für Verwirrung gesorgt und nicht für Vertrauen. „Auch bei der Soforthilfe für die Wirtschaft hat die Landesregierung grobe Fehler gemacht“, kritisierte der frühere NRW-Justizminister. In 15 Bundesländern habe dies funktioniert, nur in NRW nicht.
Wer einen Wendepunkt erwartet hatte, wurde enttäuscht. Nein, der Exit ist nicht in Sicht. Die meisten Corona-Einschränkungen haben mindestens bis in den Mai hinein Bestand. Auch die Schulen bleiben vorerst geschlossen, auch in NRW. So haben es die Bundeskanzlerin und die 16 Ministerpräsidenten vereinbart. Aber enttäuscht sein kann eigentlich nur jemand, der falsche Erwartungen hatte. Armin Laschet hat sich mit seinen weitgehenden Vorschlägen zur Lockerung nicht durchsetzen können.
Vor gut drei Wochen hatte der NRW-Regierungschef seinem bayerischen Amtskollegen Markus Söder lautstark einen Alleingang vorgeworfen, weil der eigene Ausgangsbeschränkungen im Freistaat durchsetzte. Jetzt versuchte ausgerechnet Laschet einen Alleingang. Dass ihn auch die K-Frage antrieb, lässt sich nur vermuten. Im Ergebnis dürfte ihm sein Werben für eine zügige Exit-Strategie eher geschadet haben. Als gesetzter Nachfolger von Angela Merkel sollte er sich nicht fühlen.
Denn natürlich wollen die Menschen ihre Freiheit zurück, aber sie sind vernünftig genug, den Ernst der Lage zu erkennen. Es geht um Leben und Tod, das hatte Laschet selbst gesagt. Deswegen käme die „verantwortungsvolle Normalität“, die er forderte, zu früh. Verantwortung und Normalität schließen sich noch aus.
Die Dinge vom Ende her zu denken, erweist sich einmal mehr als Tugend der Bundeskanzlerin. Nun zeigt sich, dass ihr Söder darin mehr ähnelt als der ihr angeblich näherstehende Laschet. Die K-Frage müssen CDU und CSU gemeinsam beantworten, und noch ist nichts entschieden. Aber die Corona-Krise, die als größte Herausforderung der Nachkriegszeit gilt, liefert Tag für Tag Anschauung über die Qualitäten der politischen Führung in Bund, Ländern und Kommunen.¹
Unmöglich ist, dass die Schulen in NRW diesen Montag wieder starten, so wie es Armin Laschet angekündigt hatte. Seine Forschheit wurde jetzt von der Kanzlerin und anderen Länderchefs gestoppt. Verständlich. Denn die Lockerungsankündigungen aus Düsseldorf wirkten eben nur schneidig, ein echtes Konzept ist nicht zu erkennen. Laschet sah da gestern überhaupt nicht gut aus.
Wenn Schulministerin Yvonne Gebauer zumindest ein paar hunderttausend Gesichtsmasken oder Desinfektionsmittel zum Einsatz in den Klassen vorzeigen könnte, wäre ihr Vorstoß immerhin glaubwürdiger. Doch für nichts ist gesorgt.
So dürften die Schulen auch nach Ostern meist leer bleiben. Der Fernunterricht bleibt, für viele Berufstätige ist das ein Albtraum.
Dass die Kanzlerin mit den Ländern ein einheitliches Vorgehen erreichen wollte, ist nachvollziehbar. Dennoch kann es helfen, wenn Länder unterschiedlich vorgehen. Weil sich selbst die Experten nicht einig sind, ist „Versuch und Irrtum“ keine schlechte Strategie. Wir in Deutschland profitieren doch jetzt auch von den Erfahrungen der Österreicher, oder auch von den Schweden. Der oft so gescholtene Föderalismus ist wirksamer und klüger als die Zentralgewalt. Der jetzt düpierte Laschet wird da sicher weiter bohren.²
¹Manfred Lachniet – Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung ²Moritz Döbler – Rheinische Post