Söder regiert, Laschet reagiert

Senioren-Union ruft im Fall Tönnies nach Staatsanwaltschaft

Söder regiert, Laschet reagiert

Tönnies hat den Behörden die Adressen seiner Beschäftigten vorenthalten – zu Menschen also, die akut bedroht sind von einer tödlichen Lungenkrankheit, gegen die es kein Medikament gibt. Die Tönnies-Führung verweist auf den Datenschutz. Das ist fahrlässiges Verhalten. Die Fleischbarone von Tönnies würden allerdings wohl kaum so dreist auftreten, wenn sie anderes als Milde und Nachlässigkeit im Umgang mit ihren Praktiken gewohnt wären. Die Behörden haben zugelassen, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen für Menschen aus Osteuropa in Rheda-Wiedenbrück elend sind. So elend, dass das Virus bei ihnen jetzt leichtes Spiel hat.¹

Schon wieder NRW. Mit Heinsberg begann die Corona-Krise. Mit Gütersloh droht die zweite Welle. Und erneut zeigt sich, wie schlecht es ums Krisenmanagement im Land bestellt ist. Zu spät, zu zögerlich, zu kraftlos agiert die Landesregierung. Was jetzt verkündet wurde, soll die Bevölkerung beruhigen, sorgt aber eher für Verunsicherung. Laschet hält sich wieder einmal alles offen. Bei dem sprunghaften Anstieg der Infektionen ist der Lockdown aber überfällig. Je länger die Landesregierung abwartet, desto größer ist die Gefahr, dass die Verbreitung der gefährlichen Lungenkrankheit kaum noch eingedämmt werden kann.

Die Entscheidung für den Stillstand dürfte Armin Laschet auch deshalb so schwer fallen, weil er sich seit Wochen als Fürsprecher für Lockerungen präsentiert und bei Kanzlerin und Länderchefs für seinen NRW-Weg der neuen Normalität geworben hat. Wenn jetzt ausgerechnet in seinem Land wieder strenge Kontaktsperren beschlossen würden, wäre seine Kompetenz und seine Autorität infrage gestellt. Die Opposition hat es nun leicht, provokant zu fragen: Weiß der CDU-Ministerpräsident eigentlich, was er tut?

Armin Laschet hat es bislang immer verstanden, als kluger Moderator selbst widerstreitende Kräfte zu einem gemeinsamen Handeln zu bringen. Doch Krisen lassen sich kaum durch Kompromisse überwinden. Hier braucht es weniger den von Laschet gepflegten präsidialen Führungsstil. Hier braucht es mehr: Mut zu Entscheidungen. Und das macht den wesentlichen Unterschied zu seinem bayerischen Kontrahenten Markus Söder aus. Der einstmals unbeliebte Franke hat heute deutschlandweit höhere Akzeptanzwerte als sein rheinischer Kollege. Warum das so ist, verraten Politikbeobachter: Während Söder regiert, reagiert Laschet. Auch jetzt in Gütersloh.²

Nach dem Corona-Ausbruch im Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ruft der Bundesvorsitzende der Senioren-Union, Otto Wulff, nach dem Staatsanwalt und fordert von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ein hartes Durchgreifen zum Schutz der Bevölkerung. „Hier stehen Leben auf dem Spiel“, sagte Wulff der Westfalenpost (online und Montagausgabe). „Ich gehe davon aus, dass Laschet alles unternimmt, um gegen Pflichtverletzungen und Versäumnisse vorzugehen“, sagte der 87-Jährige. „Dabei stellt sich mir als Jurist auch die Frage, ob nicht die Staatsanwaltschaft aufgerufen ist, wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung zu ermitteln.“

Gerade die Älteren seien in der Corona-Krise besonders gefährdet. „Die Pandemie wird in Ostwestfalen auch dazu führen, dass Angehörige von Senioren in Pflegeheimen wieder mit verschärften Besuchsregeln rechnen müssen“, warnte Wulff. Er werde am Montag im CDU-Landesvorstand für ein konsequentes Vorgehen werben. „Wenn ganze Landstriche betroffen sind, weil offenbar leichtfertig die körperliche Unversehrtheit von Mitarbeitern gefährdet worden ist, dann muss der Staat hart durchgreifen“, sagte er der Westfalenpost.³

¹Mitteldeutsche Zeitung ²Horst Thoren – Rheinische Post ³Westfalenpost

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