Der brandenburgische Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hat nicht ausgeschlossen, dass nach Cottbus weitere Kommunen im Land vorerst keine neuen Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen aufnehmen. Im Inforadio vom rbb sagte Schröter, sollte es weitere Anfragen aus den Kommunen geben, „dann werden wir im Einzelfall darüber nachdenken und entscheiden müssen.“
Mit Blick auf die Debatte über den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus appellierte der SPD-Politiker an den Bund, verantwortungsvoll zu handeln: „Wer gegenwärtig in der Bundespolitik die Weichen stellt und dem Familiennachzug auch eine Chance geben will, der muss zuallererst dafür Sorge tragen, dass die Voraussetzungen in den Städten und Gemeinden (…) entsprechend unterstützt werden, und entsprechende Infrastrukturen aufgebaut werden. Ansonsten werden unsere Metropole(n) große Probleme bekommen.“ Rundfunk Berlin-Brandenburg
Auch vereinbarte Neuregelung eines beschränkten Familiennachzugs ist rechtlich möglich
Im Deutschen Bundestag hat eine Sachverständigenanhörung zum Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten stattgefunden. Dazu erklären der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Harbarth, und der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer:
Stephan Harbarth: „Die heutige Anhörung von Sachverständigen hat gezeigt: Die von der CDU/CSU-Fraktion angestrebte Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten ist rechtlich möglich. Für die Union ist Flüchtlingsschutz zunächst und vor allem Schutz auf Zeit – und der Familiennachzug muss sich dabei nach unseren Aufnahmemöglichkeiten richten. Dahinter steht nicht ein Mangel an Mitgefühl, sondern wir wissen, dass Bundespräsident Gauck recht hatte, als er sagte: ‚Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind endlich.‘
Es ist gut, dass wir auch zu der beabsichtigten Neuregelung die Meinung der Sachverständigen hören konnten. Die fachliche Diskussion hat uns in der Unionsfraktion darin bestärkt, dass der mit der SPD vereinbarte Weg einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der deutschen Gesellschaft und den Interessen der Betroffenen darstellt.“
Stephan Mayer: „In der heutigen Anhörung ist deutlich geworden, wie sehr unsere Kommunen mit der Aufnahme und Integration der vielen Zuwanderer der vergangenen drei Jahre ausgelastet sind. Eine Überlastung ist mit allen Mitteln zu vermeiden, wenn wir den gesellschaftlichen Frieden im Land nicht gefährden wollen. Anders als bei Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention haben wir bei subsidiär Schutzberechtigten gesetzgeberischen Spielraum. Diesen müssen wir nutzen. Die vereinbarte Verlängerung der Aussetzung und Neuregelung eines beschränkten Familiennachzugs gibt unseren Kommunen Zeit und Planungssicherheit, um die Mammutaufgabe der Integration zu meistern.“ CDU/CSU – Bundestagsfraktion
Allen Flüchtlingskindern Familiennachzug ermöglichen
Das Deutsche Kinderhilfswerk appelliert angesichts der heutigen Bundestagsdebatte zum Familiennachzug nachdrücklich an die Bundestagsabgeordneten, die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus zu beenden. „Die seit dem Asylpaket II geltenden Verschärfungen im Aufenthaltsgesetz schränken die Rechte von Flüchtlingskindern in Deutschland unzulässig ein. Die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus widerspricht geltendem internationalem Recht und trifft Kinder besonders hart. Die derzeitige Rechtslage bedeutet für Familien subsidiär Geschützter eine Trennung auf viele Jahre“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.
„Für fast alle unbegleiteten Flüchtlingskinder ist es derzeit unmöglich, ihre Eltern in die Bundesrepublik Deutschland nachzuholen. Die Aussetzung des Familiennachzugs ist für diese Kinder verbunden mit der ständigen Sorge um die zurückgebliebenen Eltern und Geschwister und hat somit sehr negative Auswirkungen auf das Einleben in ihrem Umfeld und ihre Integration. Deshalb appellieren wir eindringlich an alle Bundestagsabgeordneten, das international und grundgesetzlich geschützte Recht auf familiäres Zusammenleben auch für diese Flüchtlingskinder zu respektieren“, so Lütkes weiter.
In der Verwaltungspraxis kommt der nach dem Aufenthaltsgesetz in Härtefällen mögliche Familiennachzug bei Flüchtlingskinder mit subsidiärem Schutzstatus praktisch nicht zur Anwendung. Wenn Kinder aber mehrere Jahre zwangsweise ohne ihre Eltern aufwachsen müssen, ist das eine menschenrechtliche Katastrophe und widerspricht der in der UN-Kinderrechtskonvention normierten Vorrangstellung des Kindeswohls und dem Recht, nicht von den Eltern getrennt zu werden. Kinder, die bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, sind für ihr Wohl und ihre Integration auf einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Familienleben angewiesen.
Das Deutsche Kinderhilfswerk wird zu den kinderrechtlichen Aspekten des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten in Kürze ein neues Rechtsgutachten veröffentlichen. Der Schwerpunkt dieses Gutachtens liegt auf den menschenrechtlichen Verpflichtungen, die sich aus dem Völkerrecht ergeben, vor allem aus der UN-Kinderrechtskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Deutsches Kinderhilfswerk e.V.