So ein Vorgehen beschädigt das Vertrauen in das Rentensystem. Da trifft es sich schlecht, dass die Menschen auch immer weniger Vertrauen in die Sicherheit der privaten Vorsorge haben. Aus Sorge etwas falsch zu machen, zögern viele überhaupt etwas fürs Alter zu tun. Doch genau das dürfte sich später als Fehler erweisen. Stuttgarter Nachrichten
Die Höhe der Rente ist nicht sicher
Norbert Blüm wurde einst nicht müde zu versichern: „Die Rente ist sicher.“ Über deren Höhe hat sich der frühere Arbeitsminister allerdings nicht ausgelassen. Inzwischen weiß jeder: Wenn die Bevölkerung immer älter wird und zugleich die Zahl der Arbeitnehmer (und damit der Einzahler in die Rentenkasse) abnimmt, gibt es ein Problem: Das Netto-Rentenniveau ist bereits unter 50 Prozent gesunken und wird weiter abschmelzen. Das sind keine rosigen Aussichten für alle, die in den nächsten Jahren in Rente gehen. Die Politik muss gegensteuern. Aber wie? Die Erhöhung der Beitragssätze ist wohl die schlechtere Variante, denn sie belastet Arbeitnehmer und -geber. Im Übrigen leisten die Arbeitnehmer bereits einen beträchtlichen demografischen Beitrag, indem sie schrittweise bis 67 arbeiten oder andernfalls Einbußen in Kauf nehmen. Bleibt als „Stellschraube“, die Rentenkasse von versicherungsfremden Leistungen zu befreien. Hier ist an erster Stelle die Mütterrente zu nennen, die sechs Milliarden Euro im Jahr kostet. Die Mütterarbeit verdient fraglos Anerkennung, aber dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und muss daher aus dem Steueraufkommen finanziert werden. Rheinische Post
Zusätzliche Altersvorsorge braucht soliden Rahmen
Verbraucherinnen und Verbraucher brauchen mehr Gewissheit für ihre Altersvorsorge. Deshalb lädt der Ausschuss für Arbeit und Soziales im Bundestag den vzbv am 23. Januar 2017 als Sachverständigen in eine Anhörung zum Thema ein. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert, Produkt- und Beratungsqualität in der Altersvorsorge politisch bindend durchzusetzen und bestehende Produkte und Regelungen auf den Prüfstand zu stellen.
„Bis heute ist nicht erkennbar, dass Verbraucher auch nur ansatzweise mit ausreichend guten Produkten versorgt werden. Damit ist die Alterssicherung gerade jüngerer Menschen in Gefahr”, sagt Dorothea Mohn, Leiterin Team Finanzmarkt beim vzbv. „Um Verbrauchern mehr Gewissheit bei ihrer Altersvorsorge zu geben, muss der Gesetzgeber eine hohe Produkt- und Beratungsqualität durchsetzen.“
Unklarheit belastet Verbraucher
Ob ihre Vorsorgebemühungen in eine ausreichende Lebensstandardsicherung im Alter münden, ist Verbrauchern oft nicht klar. „Jüngere Generationen müssen sich spätestens seit der Rentenreform 2001 damit anfreunden, dass sie zusätzlich vorsorgen müssen. Doch die Qualität der Vorsorgeprodukte ist sehr unterschiedlich. Die Beratung hilft nicht dabei, gute Produkte zu identifizieren. Hier muss die Politik endlich handeln“, so Mohn.
Bilanz nach 15 Jahren Riester-Rente: Ziel verfehlt
Sinn und Zweck der Riester-Förderung sei es unter anderem gewesen, die finanziellen Einbußen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach der Rentenreform auszugleichen. Doch machten viel weniger Menschen als erwartet im erforderlichen Umfang von der Möglichkeit Gebrauch. Zusätzlich wurde deutlich, dass die Qualität der Produkte deutlich hinter den politisch gesetzten Erwartungen zurückblieb. „Aus der Beratung in den Verbraucherzentralen wissen wir, dass die Verwaltungskosten und Provisionen der Riester-Produkte, die Verbrauchern aktiv angeboten werden, zu oft überdurchschnittlich hoch sind. Diese Kosten gehen 1:1 zulasten der Rendite“, so Mohn weiter. „Die Riester-Renten könnten erheblich höher ausfallen, wenn Kosten entsprechend eingespart würden.“
Reform der Altersvorsorge – jetzt
Um Verbrauchern mehr Gewissheit für das Alter zu geben, fordert der vzbv ein Umdenken der Politik. „Der vzbv fordert schon seit Langem ein Non-Profit Altersvorsorgeprodukt“, so Mohn. „Verbraucherschützer sehen noch erheblichen Verbesserungsbedarf in der betrieblichen Entgeltumwandlung. Solange die Probleme der Sozialabgabenfreiheit, der Portabilität und Produktschwächen nicht gelöst sind, steht der vzbv dem alleinigen Fokus auf die betriebliche Entgeltumwandlung kritisch gegenüber.“ vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Zur Einschätzung der Rentenversicherung, ein höheres Rentenniveau würde Altersarmut nicht beseitigen, erklärt SoVD-Präsident Adolf Bauer: „Für Altersarmut gibt es Lösungen, die bei ihren Ursachen ansetzen und das Rentensystem respektieren. Dazu gehören der Ausbau von Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung in der Erwerbsphase ebenso wie die Einschränkung von Minijobs und Leiharbeit. Zudem kann der Gefahr, im Alter zu verarmen, durch ergänzende Regelungen im Rentenrecht begegnet werden. So könnten in der Vergangenheit zurückgelegte Zeiten von Niedriglohnbeschäftigung und Langzeitarbeitslosigkeit aufgewertet werden. Diese Maßnahmen sind unverzichtbar. Denn für Menschen im Alter von mindestens 65 Jahren ergab sich laut Statistischem Bundesamt bereits für das Jahr 2013 eine Armutsgefährdungsquote von 14,3 Prozent. Dies ist ein deutliches Alarmsignal und verunsichert sowohl die junge als auch die ältere Generation. Letztlich steht das Rentenniveau für Vertrauen in die gesetzliche Rente. Und das darf nicht übersehen werden, wenn der inzwischen weitverbreiteten Angst vor Armut im Alter begegnet werden soll.“ SoVD-Bundesverband
Rente mit 67: Beitragssatz wird stabilisiert, auch wenn nicht tatsächlich bis 67 gearbeitet wird
DIW-Studie zeigt: Die Erhöhung des Renteneintrittsalters stabilisiert den Rentenbeitragssatz –Das bewirken vor allem die Abschläge, die bei Versicherten anfallen, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen – Diese Abschläge stellen auf individueller Ebene ein Altersarmutsrisiko dar – Gezielte Erhöhung der Erwerbsminderungsrente ist wünschenswert.
Dank der 2007 beschlossenen Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre wird der Rentenbeitragssatz stabilisiert. Das gilt unabhängig davon, ob tatsächlich bis zum Regelrenteneintrittsalter gearbeitet wird, zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Das bewirken vor allem die Abschläge, die bei Versicherten anfallen, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gehen; diese Abschläge stellen auf individueller Ebene ein Altersarmutsrisiko dar.
Die Studie basiert auf der Simulation der Entwicklung des Beitragssatzes in drei Szenarien zum Rentenzugang. Im pessimistischen Szenario führt die Erhöhung des Rentenregelalters zu einer um ein Jahr längeren durchschnittlichen Lebensarbeitszeit; im mittleren Szenario sind es 1,4 und im optimistischen Szenario 1,8 Jahre, die im Durchschnitt mehr gearbeitet werden. In allen drei Szenarien steigt der Beitragssatz von seinem aktuellen Niveau von 18,7 Prozent in den nächsten Jahren deutlich an, erreicht Mitte der 2030er Jahre gut 23 Prozent und geht dann leicht zurück. Dabei unterscheiden sich die Beitragssätze zwischen den untersuchten Szenarien nur wenig. Dafür sorgen insbesondere die Abschläge, die die Rentenzahlungen derjenigen mindern, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze aufhören zu arbeiten.
„Es ist keineswegs so, dass alle tatsächlich bis 67 arbeiten müssen, damit sich die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung stabilisiert“, sagt Studien-Koautor Hermann Buslei. „Aus dieser Perspektive erfüllen die Abschläge ihren Zweck. Denn nicht alle werden bis 67 arbeiten können oder wollen“. Auch vor der Reform bezog ein Teil der AltersrentnerInnen eine Rente vor Erreichen der damaligen Regelaltersgrenze von 65 Jahren. Im Jahr 2011 war von allen Personen mit einem erstmaligen Bezug einer Altersrente gut die Hälfte jünger als 65 Jahre.
Die Abschläge können aber auf individueller Ebene die Rente erheblich verringern und das Risiko der Altersarmut erhöhen. Das Problem ist für diejenigen, die körperlich anstrengende Tätigkeiten ausüben oder gesundheitliche Probleme haben, besonders akut. „Hier wären Regelungen geboten, die es den Menschen ermöglichen, bis zum Regeleintrittsalter zu arbeiten, also zum Beispiel eine bessere Förderung der Weiterbildung auch für die Älteren oder eine Reduzierung der Arbeitszeit“, sagt Koautor Daniel Kemptner. „Wenn das nicht geht und die Menschen beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig in Rente gehen müssen, sollte das Einkommen im Alter jenseits der Armutsgrenze dennoch gesichert werden. Hierfür wäre eine gezielte Erhöhung der Erwerbsminderungsrente wünschenswert“. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)