Insgesamt wurden bis zum 4. September 27 695 Personen umverteilt (19 244 aus Griechenland und 8451 aus Italien). Da aber noch etwa 2800 Personen aus Griechenland umverteilt werden müssen und in Italien Tag für Tag neue Antragsteller ankommen, müssen alle Seiten weitere Anstrengungen unternehmen. Die Mitgliedstaaten müssen die Überstellungen im Zuge der Umverteilung beschleunigen und ausreichende Zusagen für alle in Betracht kommenden Personen machen. Italien muss die infrage kommenden Umverteilungskandidaten (insbesondere Eritreer) rascher identifizieren und registrieren.
Eine Reihe von Mitgliedstaaten (Malta und Lettland) hat bereits alle ihnen zugewiesenen Migranten aus Griechenland umverteilt. Andere Mitgliedstaaten (Finnland, Litauen, Luxemburg und Schweden) werden dies in Kürze schaffen. Malta und Finnland haben auch schon fast alle ihnen zugewiesenen Migranten aus Italien aufgenommen. Die Kommission begrüßt zudem, dass in Österreich die Umverteilung von Migranten aus Italien begonnen hat und die Vorbereitungen für die ersten Umverteilungen aus Italien in die Slowakei laufen.
Die Tschechische Republik, Ungarn und Polen verstoßen weiterhin gegen ihre rechtlichen Verpflichtungen, da bislang keine einzige Person nach Ungarn oder Polen umverteilt wurde und die Tschechische Republik seit über einem Jahr keine Umverteilungsplätze zugesagt hat. Daher hat die Kommission am 26. Juli die nächste Stufe der Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und diesen Mitgliedstaaten mit Gründen versehene Stellungnahmen übermittelt.
Die Kommission begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, mit dem er die Gültigkeit des zweiten Umverteilungsbeschlusses des Rates bestätigt und die Klagen der Slowakei und Ungarns abgewiesen hat.
Die rechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Umverteilung endet nicht im September. Die Umverteilungsbeschlüsse des Rates gelten für alle bis zum 26. September 2017 in Griechenland oder Italien ankommenden in Betracht kommenden Personen, die dann noch umverteilt werden müssen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle Mitgliedstaaten, insbesondere Polen, Ungarn und die Tschechische Republik sowie die Staaten, die ihren Zuweisungen noch nicht vollständig nachgekommen sind, ihre Bemühungen verstärken, um alle infrage kommenden Antragsteller umzuverteilen.
Bei der im Juli 2015 angenommene Neuansiedlungsregelung der EU ist die Zielvorgabe fast erreicht: Die Mitgliedstaaten und assoziierte Schengen-Länder haben bereits 17 305 der vereinbarten 22 504 Personen neu angesiedelt. Auf der Grundlage der Erklärung EU-Türkei wurden bislang insgesamt 8834 Syrer aus der Türkei in der EU neu angesiedelt bzw. 1028 seit dem letzten Bericht. Insgesamt wurden auf der Grundlage der beiden EU-Neuansiedlungsregelungen, seitdem diese durchgeführt werden, 22 518 Personen neu angesiedelt.
Am 4. Juli 2017 rief die Kommission zu neuen Zusagen für das Jahr 2018 auf, um die Kontinuität der gemeinsamen Bemühungen der EU-Mitgliedstaaten bis zur Annahme des Vorschlags der Kommission für einen europäischen Neuansiedlungsrahmen zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sollen ihre Zusagen für 2018 bis zum 15. September 2017 übermitteln. Dies soll die weitere Neuansiedlung von Flüchtlingen, die über die Türkei nach Europa gelangen, aber auch die Neuansiedlung von Flüchtlingen aus Nordafrika und dem Horn von Afrika ermöglichen. Die Kommission stellte 377,5 Mio. Euro bereit, um die Neuansiedlung von mindestens 37 750 Personen (mit 10 000 Euro/Person) zu unterstützen.
Flüchtlingshilfe-Verein lehnt Verschickung in „aufnahmeunwillige“ Länder ab
Die Flüchtlingshilfe-Organisation Pro Asyl ist auch nach dem entsprechenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen eine Verteilung von Asylsuchenden auf Länder wie Ungarn. Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte am Mittwoch der „Frankfurter Rundschau“: „Es bringt nichts, Schutzsuchende zu zwingen, in aufnahmeunwillige Staaten wie Ungarn zu gehen oder in strukturell überforderten Grenzstaaten wie Griechenland zu bleiben. Die reichen, traditionellen Aufnahmestaaten wie Deutschland, Frankreich und andere sind gefordert, voranzugehen.“
An die Bundesregierung appellierte Burkhardt, einen großzügigen Familiennachzug für Geflüchtete zu ermöglichen: „Familienangehörige von in Deutschland lebenden Kriegsflüchtlingen müssen einreisen dürfen. Wer hier in Dauerangst um seine Familie lebt, hat es schwer, anzukommen.“ Es sei „niemandem gedient, wenn ein Flüchtling hier keine Ausbildung macht, weil er damit zu wenig verdient, um die Schleuser für Angehörige zu bezahlen. Insofern sind legale Wege für Angehörige eine wichtige integrationspolitische Maßnahme.“ Das werde „vor allem von vielen in der Union ausgeblendet“. Frankfurter Rundschau
EuGH-Urteil muss Anlass für eine andere EU-Asylpolitik sein
„Es ist gut und richtig, dass die muslim- und flüchtlingsfeindliche Abschottungshaltung einiger osteuropäischer Länder klar verurteilt wurde. Zugleich steht fest, dass man Schutzsuchende nicht zwangsweise in die Länder schicken kann, in denen ihnen regierungsamtlich geschürter Hass entgegenschlägt und unmenschliche Lebensbedingungen drohen. Die Alternative zum unwürdigen Hin- und Herschicken von Geflüchteten innerhalb Europas lautet: free choice“, erklärt Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dem zufolge Länder wie Ungarn und die Slowakei sich an die von der EU festgelegten Umverteilungsquoten von Flüchtlingen halten müssen. Jelpke weiter:
„Free choice bedeutet, dass Asylsuchende in dem Land ihrer Wahl das Asylverfahren betreiben können. So können bestehende familiäre Kontakte und vorhandene Sprachkenntnisse für ein gutes Ankommen und eine schnellere Integration genutzt werden. Etwaige Ungleichverteilungen müssen vor allem auf finanzieller Ebene ausgeglichen werden. Jede Verteilungsregelung, die nicht substantiell die berechtigten Wünsche und Interessen der Schutzsuchenden berücksichtigt, ist in der Praxis zum Scheitern verurteilt. Die osteuropäischen Länder sollten zugleich beim Aufbau menschenwürdiger Aufnahmestrukturen für Geflüchtete unterstützt werden. Niemand darf sich der Verantwortung für einen solidarischen Flüchtlingsschutz entziehen.
Leider ist die EU derzeit insgesamt dabei, sich ihrer Verantwortung für den Flüchtlingsschutz zu entziehen. EU-Außengrenzen werden dicht gemacht, nicht einmal vor einer Kooperation mit gescheiterten Staaten wie Libyen schreckt man dabei zurück. Schutzsuchende werden sehenden Auges in Folter, Misshandlungen, Sklaverei, Vergewaltigung und Tod zurückgeschickt. So gesehen ist die Mehrheit der EU-Staaten, die in Luxemburg Recht erhalten hat, um keinen Deut besser als der Flüchtlingshasser Orban, der mit seiner inhumanen Abschottungshaltung prahlt. In der EU-Flüchtlingspolitik braucht es deshalb ein grundsätzliches Umdenken.“ Partei Die Linke im Bundestag
Grüne fordern nach EuGH-Urteil zu Flüchtlingen mehr deutsche Unterstützung für Südländer
Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt hat nach dem EuGH-Urteil zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU mehr Unterstützung für Griechenland und Italien auch von Deutschland gefordert. „Die Rechtsprechung des EuGH zu den Klagen von Ungarn und der Slowakei gegen die EU-Umverteilung ist wegweisend“, sagte Göring-Eckardt der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Die EU kann die Flüchtlingsaufnahme aber nur gemeinsam leisten, wenn es eine verlässliche Unterstützung insbesondere von Italien und Griechenland gibt“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende. „Es wird nach dem Urteil nicht reichen, mit dem deutschen Finger auf Ungarn oder die Slowakei zu zeigen. Deutschland muss jetzt mit gutem Beispiel vorangehen und bei Flüchtlingsfragen in Europa eine Führungsrolle einnehmen“, forderte Göring-Eckardt. Rheinische Post