Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will für Flüchtlinge Arbeitsmöglichkeiten nach dem Vorbild von Ein-Euro-Jobs schaffen. „Wir müssen alles daran setzen, sie bei der Integration in den Arbeitsmarkt bestmöglich zu unterstützen“, sagte Nahles der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe). Das seien viele junge Menschen, die hochmotiviert seien und unbedingt arbeiten wollen.
„Unsere Initiative ,Neustart‘ zeigt Wege auf, wie wir sie schnell mit den Unternehmen zusammenbringen und qualifizieren. Aber wir müssen auch niedrigschwellige zusätzliche Arbeitsgelegenheiten schaffen nach dem Muster der Ein-Euro-Jobs“, sagte Nahles. „Zum Beispiel hat mich ein Bürgermeister aus Rheinland-Pfalzgefragt, ob er nicht Asylbewerber beschäftigen kann, um den Bolzplatz wieder auf Vordermann zu bringen.“ Die Arbeitsministerin hält für die Arbeitsmarktintegration eine Nachbesserung ihrer finanziellen Mittel für notwendig: „Wir sind gut aufgestellt, um in das neue Jahr zu starten. Es ist Herrn Schäuble und mir klar, dass wir den Etat für 2016 noch einmal aufstocken müssen, wenn sich die Zahl der Flüchtlinge im Vergleich zur Haushaltsplanung weiter erhöht.“
Nahles kündigt Gesetzentwurf zu Zeitarbeit und Werkverträge für Januar an
Die Arbeitsministerin wird ihr umstrittenes Gesetz zur Neuregelung von Zeitarbeit und Werkverträgen Anfang 2016 auf den Weg bringen. „Es ist fest vereinbart, dass der Gesetzentwurf im Januar in die Ressortabstimmung geht“, sagte Nahles. „Mein Gesetzentwurf basiert auf der Grundidee: Mehr Flexibilität durch Tarifvertrag“, sagte die Ministerin.
Zur Kritik an ihren Plänen sagte Nahles: „Druck machen jetzt die Unternehmen, die nicht in einer Tarifgemeinschaft sind.“ Nahles verwies auch darauf, dass die Arbeitgeber den geplanten Kriterienkatalog für Werkverträge kritisierten. „Da bin ich aber streitlustig, denn ich setze hier eins zu eins den Koalitionsvertrag um.“ Nahles betonte, sie wolle nicht die Werkverträge abschaffen, aber sie wolle, dass diese sauber seien und nicht massenhaft missbräuchlich eingesetzt würden – „nicht nur in der Fleischindustrie, sondern leider auch in der Metallindustrie und anderen Branchen“.
Hintergrund: Die Neuregelung von Zeitarbeit und Werkverträgen ist Bestandteil des Koalitionsvertrags von Union und SPD. Darin heißt es: „Die Koalition will die Leiharbeit auf ihre Kernfunktion hin orientierten.“ Spätestens nach neun Monaten sollen Leiharbeiter demnach beim Arbeitsentgelt den Stammarbeitnehmern gleichgestellt werden. Bei den Werkverträgen geht es dem Koalitionsvertrag zufolge insbesondere darum, Missbrauch zu verhindern. „Rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssen verhindert werden“, heißt es im Koalitionsvertrag. Rheinische Post
Flüchtlinge und der Arbeitsmarkt
Erst vor ein paar Wochen hatte Arbeitsministerin Andrea Nahles Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge angeregt. DGB-Chef Klaus Hoffmann will nun im Prinzip das Gleiche, wenn er einen „sozialen Arbeitsmarkt“ fordert. Nur, dass die Jobs dort selbstverständlich nach Mindestlohn bezahlt werden müssten. Ist das sinnvoll? Zunächst einmal klingt es vernünftig, die Neuankömmlinge möglichst schnell in Arbeit zu bringen, anstatt sie in den Unterkünften zum Nichtstun zu verdammen. Doch die Idee ist unausgegoren. Ja, am Ende kann sie sogar schaden. In der Theorie stellen gemeinnützige Tätigkeiten eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt dar. In der Praxis funktioniert das kaum.
Auch weil solche Jobs wettbewerbsneutral, also zusätzlich sein müssen, um reguläre Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Genau das macht den Arbeitsinhalt aber in vielen Fällen zur Farce. Auch Flüchtlingen ist perspektivisch kaum gedient, wenn sie einen Sandhaufen von einer Stelle zur anderen schaufeln. Entlastet wird damit allenfalls die Arbeitslosenstatistik. Deshalb ist die Arbeitsministerin vermutlich ja auch davon so begeistert.
Die Gewerkschaften hingegen sollten ehrgeizigere Ziele anpeilen, zumal ein gesonderter Arbeitsmarkt für Flüchtlinge immer die Gefahr birgt, zur Konkurrenz für einheimische Jobsuchende zu werden. Was Flüchtlinge wirklich so schnell wie möglich brauchen, sind Sprachkurse und breitgefächerte Angebote zur beruflichen Qualifizierung. Daran entscheidet sich, ob sie am Ende zu Leistungsträgern oder Leistungsempfängern werden. Letzteres käme die Gesellschaft auf Dauer deutlich teurer. Lausitzer Rundschau
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