Hartz-IV-Regelsätze: Heil (SPD) betreibt Verarmungspolitik

Demokratiebremse SPD: politische Teilhabe nicht weiter einschränken

Hartz-IV-Regelsätze: Heil (SPD) betreibt Verarmungspolitik

Das Kabinett behandelt am Mittwoch den Gesetzentwurf für die Hartz-IV-Regelsätze. Dazu erklärt Katja Kipping, Vorsitzende der Partei DIE LINKE:

Mit diesem Gesetzesentwurf betreibt Minister Heil aktive Verarmungspolitik.

Das Einkommen von Millionen Menschen im Land wird durch dieses Gesetz bestimmt, denn auch die Einkommen von Aufstockenden, Rentnerinnen im Grundsicherungsbezug, Asylbewerbern und Sozialhilfebeziehenden sowie Menschen mit Behinderung, deren Werkstatt-Entgelte aufgestockt werden, sind dadurch betroffen. Mit dieser Neuberechnung werden sie weiter in Armut gehalten.

Leider setzt Hubertus Heil die unsägliche Tradition aller bisherigen Sozialministerinnen und Minister fort und rechnet die Hartz-IV-Sätze klein. Dazu bedient er sich folgender Tricks:

1. Er nimmt die Ausgaben einer Referenzgruppe, die so arm ist, dass ihr Ausgabeverhalten von Einschränkungen und Schulden geprägt ist. So entsteht ein Zirkelschluss der Verarmung. Dies ist gut an den Stromkosten zu sehen. Die Bezugshaushalte weisen unterdurchschnittliche Ausgaben aus, nämlich 35,71 Euro. Ein mittlerer Stromverbrauch für Alleinlebende lag 2019 jedoch bei 1.500 kWh pro Jahr und kostet durchschnittlich rund 46 Euro. Da die betreffenden Haushalte kaum über neue stromsparende Geräte verfügen, beruhen die niedrigen Ausgaben wahrscheinlich auf Stromschulden.

Dass die Referenzgruppe, die ärmsten 15 Prozent bei Alleinstehenden, nicht repräsentativ ist, zeigt zudem der Umstand, dass nur rund jeder Vierte (27%) in dieser Gruppe erwerbstätig ist.

2. Aufstockende und verdeckt Arme werden nicht aus der Referenzgruppe herausgenommen. Ihr Ausgabeverhalten, das von Einschränkungen gezeichnet ist, ist dann ebenfalls Grundlage für die Regelsatzberechnung.

3. Um allen die Krone aufzusetzen werden von den Ausgaben der Armen noch Abschläge vorgenommen: So meint Hubertus Heil, dass Sozialleistungsbeziehende und Aufstockende kein Recht haben auf beispielsweise:

  • eine Woche Campingurlaub mit der Familie,
  • die chemische Reinigung des Anzugs für ein Vorstellungsgespräch,
  • eine Kugel Eis für die Kinder an der Eisdiele,
  • Grabschmuck oder Weihnachtsbaum,
  • eine Tasse Kaffee im Vereinslokal oder ein Glas Cola beim Treffen mit Freunden in der Kneipe. Dass Cafébesuche zum sozialen Zusammenleben dazugehören, das ignoriert er.
    Alle Ausgaben fürs Auto oder Motorrad sind gestrichen – selbst in ländlichen Gegenden, wo ohne Auto weder Jobsuche noch Freundschaftspflege realistisch möglich ist.
    Ebenso sind Ausgaben für Schnittblumen gestrichen, weil den Betreffenden nicht mal zugestanden wird, bei einer Einladung zu einem runden Geburtstag einen Blumenstrauß mitzubringen.

Die Pflege von Freundschaften und Verwandtschaft ist für Heil ein Kürzungsposten. Für die Regierung gehören offensichtlich nur die zwischenmenschlichen Beziehungen, die komplett gratis stattfinden, zum Existenzminimum. Das steht in Konflikt mit der verfassungsrechtlichen Anforderung, dass die Regelsätze auch die „Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen“ sichern müssen, denn „der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen“ (BVerfG vom 9.2.2010).

Hubertus Heil setzt mit diesem Gesetzentwurf auf Vereinsamung der Armen.

DIE LINKE hingegen setzt dieser Politik der Verarmung und Vereinsamung energisch Widerstand entgegen. Wir stellen eigene Berechnungen an und kämpfen für höhere Regelsätze.¹

Die SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der auch in kleinen Gemeinden Unterstützungsunterschriften von Bürgermeisterkandidierenden verlangt. Die Piratenpartei, die aktuell eine Klage gegen das Landtagswahlrecht plant, verurteilt diesen Vorstoß als undemokratisch und sieht darin eine Einschränkung der politischen Teilhabe.

„Politik besteht eben nicht nur aus den großen Altparteien. Kleine Parteien und Wählergruppen werden immer gefährlicher für die im Einheitsbrei verschwindenden Großparteien“, so Borys Sobieski, Landesvorsitzender. „Es kann jetzt nicht sein, dass mit solchen undemokratischen Hürden die bestehenden Machtverhältnis zementiert werden.“

Unterstützungsunterschriften sollen angeblich Spaßkandidierende abhalten anzutreten, sie sollen eine politische Relevanz darlegen.

„Ist es nicht widersprüchlich vor einer Wahl die Relevanz einer Partei oder eines Kandiderenden nachzuweisen? Dafür ist doch die Wahl da. Es ist ganz und gar frech, wenn sich Fraktionen anmaßen, zu entscheiden, welche Kandidaturen denn ernst gemeint sind und welche nicht“, so Sobieski. „Hier wird die politische Teilhabe insbesodnere von Minderheiten beschnitten. Das ist zutiefst Undemokratisch.“

Die Entscheidung über Kandiderende sollte die Bevölkerung selbst treffen. Eine Vorauswahl durch künstliche Hürden widerspricht dem demokratischen Sinn. Die Piratenpartei spricht sich daher dafür aus, auf alle Sperrklauseln und Unterstützungsunterschriften zu verzichten. Die Wahl liegt bei der Bevölkerung.

¹Partei Die Linke im Bundestag ²Piratenpartei Deutschland

Eine Antwort auf "Hartz-IV-Regelsätze: Heil (SPD) betreibt Verarmungspolitik"

Ihre Meinung ist wichtig! Cancel Reply

Ihre Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.