Gefährliche Urlaubsfreuden: Verbraucherschützer Müller fordert Planungssicherheit für Sommerurlaube

EU-Reiserecht, Flugverkehr und Tourismus in der Coronakrise: Fragen und Antworten

Gefährliche Urlaubsfreuden: Verbraucherschützer Müller fordert Planungssicherheit für Sommerurlaube

Im Moment gebe es keinen einzigen Hinweis, der darauf hindeute, dass man in absehbarer Zeit in Urlaub fahren könne, sagt Außenminister Heiko Mass und verweist auf die weltweite Reisewarnung. Sie bedeutet, dass Pauschalreisen nicht angeboten werden dürfen und Individualreisende sich nur auf eigenes Risiko auf den Weg machen können – wenn es überhaupt Flüge gibt. Das ist nicht nur für die Reisebranche eine Hiobsbotschaft. Auch alle, die nach aufreibenden Corona-Monaten jede Erholung dringend brauchen, macht die Ungewissheit, wohin und ob es überhaupt geht, zu schaffen.

Balkonien oder nicht: Urlauber brauchen bald schnelle, korrekte und verständliche Informationen, um planen zu können. Auch extralange kostenlose Stornierungsmöglichkeiten. Nicht zuletzt Risikoabschätzung und Länderdifferenzierung. Denn der Sommer wartet nicht.¹

Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, hat die Bundesregierung aufgefordert, den Bürgern in der Corona-Krise schnell eine langfristige Planungssicherheit für die Sommerurlaubszeit zu geben und eine mögliche Reisewarnung über Mitte Juni hinaus frühzeitig anzukündigen. Kunden hätten auch jetzt schon gute Chancen, Auslandsreisen, die bis Ende August gebucht seien, kostenlos zu stornieren, sagte Müller der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es durch die Corona-Pandemie weiterhin erhebliche Beeinträchtigungen gibt. Eine frühzeitige Reisewarnung wäre hilfreich.“ Verbraucher und Unternehmen bräuchten jetzt schnell Klarheit und Rechtssicherheit. „Natürlich wüssten wir alle gern, wie wir unsere Sommerferien 2020 verbringen werden.“ Die Bundesregierung fahre auf Sicht.

„Für Verbraucher wäre eine längerfristige Planungssicherheit allerdings besser.“ Müller plädierte für einen Reisesicherungsfonds, aus dem die Erstattung der Kundengelder finanziert werden könnte. Dies würde auch die Liquidität der Unternehmen gewährleisten, sagte er. Dass bereits an Nord- und Ostsee für Urlaub massive Preissteigerungen zu beobachten seien, nannte er „unfair“. Damit würden die weltweiten Beschränkungen ausgenutzt. Der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, Norbert Kunz, sagte der Zeitung, Bund und Länder müssten endlich einen Fahrplan für den „Neustart des Deutschlandtourismus“ vorlegen und den Akteuren vom Bootsverleiher über Gästeführer bis zum Vermieter einer Ferienwohnung eine Perspektive geben. Die Kapazitäten in deutschen Hotels, Pensionen, Ferienhäusern und Campingplätzen seien in der Fläche ausreichend. „Allerdings brauchen viele existenzbedrohte Anbieter dringend Unterstützung durch Zuschüsse des Bundes, damit sie ihren Betrieb bis in den Sommer retten können. Sonst befürchten wir eine Pleitewelle.“

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hält – allen mahnenden Rufen zum Trotz – an ihrer Strategie fest, sich an die Spitze der Lockerungs-Bewegung zu setzen. So kündigte sie am Mittwoch an, Friseure dürften ihre Salons ab dem 4. Mai wieder öffnen. In einem weiteren Schritt kommen nach dem Willen von NRW Zoos, Klettergärten und Freizeitparks an die Reihe, dann sollen Restaurants, Ferienwohnungen und Hotels folgen. Erst eingeschränkt, später im Vollbetrieb.Die Umsetzung der Öffnungsbeschlüsse von Bund und Ländern wirke auf sie „in Teilen sehr forsch – um nicht zu sagen zu forsch“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer jüngsten Regierungserklärung gesagt. Wer bis gestern noch Zweifel daran gehabt haben sollte, wen sie damit gemeint hatte, der dürfte spätestens jetzt Klarheit haben.

Natürlich muss die Landesregierung auch die Belange der Friseure, Hoteliers und Restaurantbesitzer im Blick behalten. Doch mit Armin Laschets Mantra von einer „Rückkehr in eine verantwortungsvolle Normalität“ hat die Maßnahmenflut der vergangenen Tage längst nichts mehr zu tun. Stattdessen befindet sich NRW in einem Überbietungswettbewerb – noch dazu im völligen Blindflug. Anstatt nun abzuwarten, wie sich die jüngsten Lockerungen in Verbindung mit der Maskenpflicht auswirken, werden bereits die nächsten Schritte eingeleitet. Es muss doch auf Bürger widersprüchlich wirken, wenn sich der Europa-Minister am Morgen hinstellt und die Bürger inständig bittet, ja nicht am Mai-¬Wochenende in Richtung holländische See zu fahren, und wenige Stunden später das Hohelied auf den Tourismus gesungen wird. Die Landesregierung sollte die von jedem Kabinettsmitglied beschworene Verantwortung ernst nehmen und sich nicht hetzen lassen.²

¹Stuttgarter Nachrichten ²Rheinische Post

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