FDP-Chef Christian Lindner fordert Zusammenführung von Grundsicherung und Rente

Riester-Versicherer sollen riskantere Anlagen wagen dürfen

FDP-Chef Christian Lindner fordert Zusammenführung von Grundsicherung und Rente

FDP-Chef Christian Lindner hat gefordert, die Grundsicherung im Alter mit der Rente zusammenzulegen. „Menschen, die keine existenzsichernden Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben, sollen künftig nicht mehr vom Sozialamt abhängig sein“, schrieb Lindner in einem Gastbeitrag für die „Saarbrücker Zeitung“ zur aktuellen Rentendebatte. Einkünfte aus einer freiwilligen Altersvorsorge sollten dabei nur teilweise auf die Grundsicherung angerechnet werden, damit ein Anreiz zur Privatvorsorge bleibe.

Um die Riester-Verträge angesichts der Niedrigzinsphase attraktiver zu machen, schlug Lindner zudem vor, den Versicherern „rentablere Anlageformen“ zu erlauben, darunter auch direkte Investitionen in Unternehmen. Lindner sprach sich ferner für einen flexiblen Renteneintritt aus. Zudem sollten die Bürger über ein spezielles Internetportal jederzeit auf einem „Vorsorgekonto“ ihre kompletten Alterseinkünfte erfahren können, um Versorgungslücken frühzeitig aufdecken zu können. „Ob gesetzliche, private oder betriebliche Altersvorsorge – auf der Online-Plattform soll die bisher erreichte Summe der eigenen Ansprüche abgebildet werden.“

Scharf kritisierte Lindner Vorschläge von SPD-Chef Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer zur Stabilisierung der gesetzlichen Renten. Dies sei ein „Wettrennen um die nächste Rentenerhöhung“ und folge wahltaktischem Kalkül. „Auch die Generation der Enkel hat Fairness verdient“, schrieb Lindner. In dem Beitrag stellte der FDP-Chef die gesetzliche Rente aber nicht grundsätzlich in Frage, sondern verlangte einen Mix aus verpflichtender und freiwilliger Vorsorge. „Wer mehr vorgesorgt hat, muss im Alter auch höhere Leistung bekommen“, so Lindner. Saarbrücker Zeitung

Sozialverband: Rentenerhöhung ändert nichts an steigender Altersarmut

Zur heutigen Kabinettsberatung der Rentenanpassung 2016 erklärt SoVD-Präsident Adolf Bauer: „Die Rentnerinnen und Rentner haben diese Anpassung mehr als verdient. Doch die frohe Botschaft ändert nichts an dem eigentlichen Problem. Rund 536.000 Rentner sind bereits heute im Alter auf Grundsicherung angewiesen. Insbesondere die künftige Auswirkung des Nachhaltigkeitsfaktors und der politische Wille, das Rentenniveau weiter zu senken, bleiben aktuell und gehören selbstverständlich auf die politische Agenda. Ziel muss es sein, das Rentenniveau zu stabilisieren.“ SoVD-Bundesverband

Staatlich geförderte Altersvorsorge gescheitert

Der Versuch, die private Altersvorsorge durch staatliche Subventionen zu stärken, ist gescheitert. Dies gilt besonders für die Riester-Rente. Trotz der Vielzahl abgeschlossener Verträge spielt sie keine nennenswerte Rolle dabei, das Altersvorsorgeproblem zu lösen. Hierzu sind die geleisteten Beiträge sowie die erzielten Renditen einfach zu gering. „Das ganze Elend wird an drei Problemen deutlich: Die private Altersvorsorge ist zu kompliziert, zu teuer und die Kundengelder werden auch noch falsch angelegt“, analysiert Kapitalmarktforscher Stefan May das Dilemma. Die Riester-Rente ist hierfür ein eklatantes Beispiel: Selbst Experten haben den Überblick über die Vielfalt und Details der Durchführungsvarianten verloren. „Es ist geradezu abenteuerlich, zu glauben, man könne mit solch monströs-komplizierten Angeboten breite Bevölkerungskreise – insbesondere junge Menschen – dazu bewegen, ausreichend für das Alter vorzusorgen“, so May in Berlin.

Kosten verschlingen großen Teil des Ertrags

Erschwerend komme der Kostenfaktor hinzu. Weil deutsche Anleger geradezu besessen seien von allem, was Sicherheit verspricht, habe die Versicherungswirtschaft das Thema Altersvorsorge zu ihrer Angelegenheit erklären können. „Die Kosten dieser Aneignung sind enorm“, sagt Professor May. Konservative Schätzungen gehen von 1,5 bis 2,5 % versicherungsbedingter Zusatzkosten pro Jahr aus. „Dazu kommen die Kosten des Portfoliomanagements. Nahezu alle privaten Vorsorgetöpfe sind entweder bei Versicherungen oder in sogenannten „aktiv“ gemanagten Investmentfonds angelegt. Genau diese sind aber mit die teuersten. Kostensätze von 1,5 % bis 2 % pro Jahr sind durchaus nicht ungewöhnlich. Anlegern gehen dadurch Jahr für Jahr Beträge in Milliardenhöhe für die Altersvorsorge verloren“, so May.

Produkte sind zu kompliziert und zu teuer

Selbst wenn Sparer sich zu riskanteren und damit auch renditeträchtigeren Anlageformen wie Aktien durchringen, bleiben die effektiv erzielten Wertzuwächse schon allein wegen der Kosten weit hinter dem zurück, was die internationalen Finanzmärkte Anlegern eigentlich bieten (vgl. Grafik). Ursache hierfür seien u.a. teure Publikumsfonds, die Anlegern in aller Regel angeboten würden. Herbe Enttäuschungen sind daher vorprogrammiert, ist sich May sicher.

Falsche Anlage liefert unterdurchschnittliche Renditen

Dieser Effekt wird durch ungeeignete Anlagestrategien noch verstärkt. Die meisten Fonds werden dem übergeordneten Ziel nicht gerecht, ein auskömmliches Alterseinkommen zu sichern. „Alle drei Faktoren – Komplexität, Kosten und nicht funktionierende Anlagen – sabotieren die Bemühungen breiter Bevölkerungskreise, eine angemessene Altersversorgung sicherzustellen“, fasst Anlageexperte May das alarmierende Ergebnis zusammen. Kathrin Kleinjung, quirin bank AG

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