Erweiterung der Euro-Zone beschleunigt Weg in eine Schuldenunion

CDU/CSU kritisiert neuen Juncker-Vorstoß

Erweiterung der Euro-Zone beschleunigt Weg in eine Schuldenunion

CDU kritisiert Junckers Euro-Zonen-Pläne

Aus der Union kommt Kritik an den Vorschlägen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Erweiterung der Euro-Zone auf alle EU-Staaten. „Es ist zwar gut, Visionen zu haben. Aber statt beschleunigte Vertiefungen der Europäischen Union zu fordern, sollten wir erst einmal die existierenden Regeln und Instrumente nutzen und verbessern“, sagte Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. „Erst danach können weitere Schritte folgen“, sagte der CDU-Politiker. „Alles andere dürfte sowohl die Mitgliedstaaten als auch die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger überfordern“, sagte Brinkhaus. Rheinische Post

Alle Augen wandten sich gestern nach Straßburg, wo Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seine mit vielen Erwartungen befrachtete Rede zur Lage der Union hielt. Nach dem Motto „Wer nichts wagt, der nichts gewinnt“ stürmt der Kommissionspräsident vorwärts und wischt die Bedenken derer beiseite, die mehr Trennendes als Einigendes in der EU sehen. Schließlich seien auch der Binnenmarkt, die grenzfreie Schengenzone und die einheitliche Währung als Luftschlösser abgetan worden, bevor sie Realität wurden. In allen drei Bereichen fordert Juncker die Regierungen zu mehr Kühnheit auf – allerdings im Rahmen der geltenden EU-Verträge.

Der Euro für alle ist, wie Juncker in seiner Rede richtig darlegt, in den EU-Verträgen verankert. Wer der Europäischen Union beitritt, verpflichtet sich automatisch dazu, den Euro dann einzuführen, wenn die Wirtschaftsdaten den Anforderungen entsprechen. In Schweden zum Beispiel ist das schon lange der Fall. Doch im Jahr 2003 stimmten 56,1 Prozent der Bevölkerung in einem Referendum dafür, die Krone zu behalten.

Eigentlich hätte schon damals die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Schweden einleiten müssen. Damit hätte sie sich aber den Vorwurf eingehandelt, undemokratisch zu sein, und ihrem Image weiteren Schaden zugefügt. Deshalb ließ man die Sache ruhen – auch die Juncker-Kommission denkt nicht im Traum daran, das Thema wieder an die Oberfläche zu zerren oder Länder wie Polen und Tschechien, wo die Mehrheit den Euro ablehnt, zur Einführung zu nötigen.

Natürlich weiß Juncker selbst am Besten, dass trotz optimistischer Wirtschaftsdaten, überwundener Eurokrise und den Einheitswillen stärkender Brexit-Polemik der Wind des Wandels nicht so heftig weht, wie er das gern zum Ende seiner Amtszeit erleben würde. Getreu seinen Vorbildern, den europäischen Urgesteinen Helmut Kohl und Jacques Delors, übt er sich im kühnen Träumen – in der Hoffnung, dass daraus irgendwann politische Tatsachen werden. Schwäbische Zeitung

Juncker schildert seine Vision für die EU – Eine Frage des Zeitpunkts

Sie war mit Spannung erwartet worden, die Rede von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Sie ist dieser Spannung gerecht geworden. Juncker hat klare Worte gefunden: Einigkeit statt Spaltung, eine feste Haltung zur Türkei, Angleichung der Standards in West und Ost, die Ausweitung des Schengenraums, legale Migration und den Euro für alle EU-Länder. Juncker zeigt den Reformwillen, den die EU so lange vermissen ließ. Doch muss ein Stirnrunzeln gestattet sein. Seine Worte waren von jener Euphorie durchdrungen, die schon die Gründerväter der Staatengemeinschaft prägte. Vom Glauben an ein Europa, das weltweit als Global Player auftritt – wirtschaftlich und politisch. Glaube und Euphorie haben, mit Verlaub, in der EU-Historie hier und dort den Blick auf Realitäten und Probleme vernebelt. Das hat Brüssel zum Beispiel in der Eurokrise bestürzt festgestellt.

Hatte die EU etwa Länder in die Eurozone aufgenommen, die nie vorhatten, sich an die Spielregeln zu halten? Zuletzt zeigte in der Flüchtlingsfrage das Gebaren osteuropäischer Staaten, denen selbst EU-Urteile egal sind, dass die vielleicht zu schnelle Erweiterung der Gemeinschaft gen Osten auch eine Schattenseite hat. Nun spricht Juncker wieder von Erweiterungen, unter anderem beim Euro-Raum. Wachsen um jeden Preis, hört man als Devise heraus. Doch haben wir dafür den richtigen Zeitpunkt? Oder muss nicht zunächst der Kern der EU stabilisiert werden? Die Briten treten aus, in vielen Staaten wird europafeindlich gewählt. Und Brüssel ruft: Wir müssen größer werden. Hier ist Vorsicht geboten. Sonst setzen die EU-Architekten ein neues Stockwerk auf ihr Haus, während unten tiefe Risse das Fundament durchziehen. Das wäre fatal, denn die EU lohnt sich. Martin Fröhlich – Neue Westfälische

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