Der ehemalige Generalinspekteur Harald Kujat hat recht, für die deutsche Sicherheit hätte der Teilabzug keine große Bedeutung. Eher noch geht es um Jobs im Umfeld der Stationierungsorte. Alarmierend ist der Vorgang trotzdem. Denn er zeigt eine fortgesetzte Zerrüttung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses an. Gestritten wird ja über fast alles, auch im Militärischen – etwa der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt, das Zwei-Prozent-Ziel. Immer öfter erwartet die Trump-Administration für einseitige Schritte blinde Gefolgschaft. Immer seltener ist die Bundesregierung dazu bereit – was der Mann im Weißen Haus mit neuem Zorn quittiert. Mit Partnerschaft hat das alles nichts mehr zu tun.¹
Donald Trump hat schon in der Vergangenheit damit gedroht, Deutschland mit dem Abzug von US-Soldaten zu „bestrafen“, wenn die Deutschen nicht mehr Geld in ihre Verteidigung stecken. Dann spielte er mit dem Gedanken, Soldaten von Deutschland nach Polen zu verlegen, um Warschau zu „belohnen“. Dass es nun offenbar konkrete Planungen gibt und diese über alle Erwartungen und Befürchtungen hinausgehen, öffnet ein neues Kapitel in einem ganz speziellen Geschichtsbuch. Es wird davon handeln, wie ein Mann unter dem Slogan, Amerika wieder groß zu machen, die USA immer kleiner machte.
Nach den Zeiten von Besatzung und Ost-West-Konflikt sind die verbliebenen US-Standorte in Deutschland zum Herzstück militärischer Interessen der USA weit über Deutschland hinaus geworden. Hier ist die Europazentrale, hier liegen die Drehscheiben des Truppentransportes, von hier aus werden Einsätze auch in Afrika, Asien und im Nahen Osten gestartet und koordiniert. Deshalb läuft ein ambitioniertes und teures Modernisierungsprogramm der US-Basen in Deutschland. Nicht, um Berlin einen Gefallen zu tun, sondern weil es im ureigensten Interesse Washingtons ist. Der Standort Deutschland ist für die Strategie der USA, in der Welt eine große Rolle zu spielen, von wesentlicher Bedeutung.
Auch aus dem Bundeshaushalt ist in den letzten Jahren weit über eine halbe Milliarde Euro als Bau- und Sozialzuschüsse an die US-Truppen geflossen. Vor diesem Hintergrund werden die Abzugspläne zusammen mit der Vorhaltung Trumps, Deutschland unterstütze die USA zu wenig, zum Rohrkrepierer. Der entwickelt bekanntlich seine größte Gefahr nicht für das Ziel des Angreifers, sondern für den Abschießenden selbst.²
Sollte Donald Trump tatsächlich gut ein Viertel der amerikanischen Soldaten aus Deutschland abziehen, dann würde der US-Präsident – wie so oft – genau das tun, was er angekündigt hat. Wer genau hinsieht, erkennt bei Trump ein Handlungsmuster, das konsequent seiner Sicht der Welt folgt, die er so beschreibt: Das von allen ausgenutzte Amerika muss sich ganz auf sich besinnen; alle anderen Mächte sind lästige Konkurrenz. Eine Ausdünnung der US-Militärpräsenz läge nicht im deutschen Interesse. Die Anwesenheit der Amerikaner ist Kern der Beistandsgarantie. Am wenigsten begeistert dürften die Betroffenen sein. Deutschland gilt unter US-Soldaten und ihren Familien als attraktiver Standort. Aus gutem Grund.³
¹Mitteldeutsche Zeitung ²Gregor Mayntz – Rheinische Post ³Stuttgarter Nachrichten