Die Tricks, mit denen etliche Kommunen ihre Bürger bei der Berechnung der Abwasser- und Müllgebühren über den Tisch ziehen, mögen legal sein. Anständig sind sie nicht. Einige finanzieren die Entsorgung wilder Müllkippen über die Müllgebühren der Privathaushalte. In anderen muss die Gebühr auch für die Leerung der öffentlichen Papierkörbe herhalten. Die Einnahmen, die so manche Stadt mit dem Weiterverkauf von ursprünglich privaten Altpapier- und Metallschrottbeständen erzielt, fließen dort in den Stadtsäckel. Dabei sollten sie eigentlich zur Senkung der Müllgebühren eingesetzt werden.
Auch bei den Abwasserkosten wird kräftig gezockt. Es mag ja noch angehen, dass viele Kommunen sich ihre Investitionen in die aufwendige Wasser-Infrastruktur vom Gebührenzahler verzinsen lassen. Aber doch bitte nicht zu Zinssätzen von sechs und mehr Prozent. Das ist unseriös in Zeiten, in denen die Gebührenzahler für ihre eigenen Ersparnisse so gut wie gar keine Zinsen mehr bekommen. Die Kommunen wiederum haben mit ihrer Kritik am Gebührenvergleich des Bundes der Steuerzahler in einem Punkt recht: Tatsächlich werden Äpfel mit Birnen verglichen, wenn etwa die Kosten für eine Wasserentsorgung im gebirgigen Sauerland mit denen auf dem platten Land verglichen werden, wo dafür keine Felsen durchbohrt werden müssen.
Trotz dieser methodischen Schwäche ist der jährliche Gebührenvergleich des Steuerzahlerbundes äußerst wertvoll: Immerhin ist der Bund die bislang einzige unabhängige Institution, die die Gebührenentwicklung dauerhaft im Blick behält und das komplizierte Thema halbwegs verständlich aufbereitet. Wer weiß, was die Kommunen sich noch alles erlauben würden, wenn der Steuerzahlerbund eines Tages aufgeben sollte.¹
Das Internet verändert sowohl den Einzelhandel als auch die Medienlandschaft grundlegend. Immer weniger Menschen lesen gedruckte Zeitungen und Zeitschriften, immer mehr Menschen bestellen ihre Waren im Internet und die werden meist in Pappkartons geliefert. Die Konsequenzen davon bekommen auch die Papierentsorger zu spüren, denn die Zusammensetzung der Altpapiermengen in den Papiertonnen hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert.
Oft landen die Pappkartons – so wie sie sind – in der Papiertonne, ohne zerrissen oder zusammengefaltet zu werden. Die Folge: Die Papiertonne ist schneller voll, obwohl weniger Mengen eingefüllt sind – mehr Volumen, weniger Gewicht. Eine vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in Auftrag gegebene Studie des INFA-Instituts hat nun ergeben, dass der volumenbezogene Verpackungsanteil in der Tonne zwischen 64 und 71 Prozent beträgt. Bisher ist man jedoch von 15 bis 20 Prozent Verpackungsanteil ausgegangen. Dies ist auch die Basis für die Kostenabrechnung. Dazu VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp: „Das wirkt sich auf die Müllgebühren aus, die die Bürger zahlen müssen. Sie zahlen derzeit doppelt für die Entsorgung von Verpackungen aus Papier und Pappe. Das kann nicht sein.“
Um zu verstehen warum, muss man wissen, wie die Hausmüllentsorgung in Deutschland organisiert ist: Während die Kommunen für die Entsorgung von Zeitungen, Zeitschriften und Druckpapieren zuständig sind, sind die so genannten dualen Systeme für die Entsorgung von Verpackungen, also die Kartonagen, zuständig. Für die Entsorgung der Verpackungen zahlen die Kunden bereits mit dem Kauf der Produkte. Die Hersteller geben diesen Betrag weiter an die dualen Systeme, die die Entsorgung der Verpackungen organisieren. Hasenkamp: „Die Kosten für die Papierentsorgung teilen sich Kommunen und duale Systeme. Bisher zahlen die dualen Systembetreiber im Durchschnitt nur 15 bis 20 Prozent – viel zu wenig also in Anbetracht des enorm gestiegenen Verpackungsanteils.“
Hasenkamp: „Aktuell lastet ein zu hoher Anteil der Sammelkosten für Kartonagen auf den Gebührenzahlern, obwohl sie für deren Entsorgung bereits beim Kauf bezahlt haben. Dem müssen sich die Systeme stellen: Sie müssen Wege finden, die Versandhändler in angemessener Höhe an den Kosten für die Altpapiersammlung zu beteiligen. Das wäre auch ökologisch vorteilhaft: Der finanzielle Druck könnte für Versandhändler Anreize schaffen, über Alternativen zu dieser exzessiven Verpackungsflut nachzudenken.“
Der VKU stellt aktuell seinen Mitgliedern die Ergebnisse des INFA-Gutachtens zur Verfügung, verbunden mit dem Appell, die neu ermittelten Verpackungsanteile künftig der Abrechnung der Sammelkosten gegenüber den Systemen zugrunde zu legen. Die Verhandlungen hierüber zwischen den Kommunen und den Systemen in den rund 800 Entsorgungsgebieten in Deutschland werden in Kürze beginnen.
Hintergrund zur Hausmüllentsorgung in Deutschland
- Die Abfallwirtschaft ist in Deutschland zum Teil in kommunaler, zum Teil in privater Organisationsverantwortung. Für die Verpackungen sind die dualen Systeme zuständig. Sie organisieren die Entsorgungen von Leichtverpackungen, Glas und Papierverpackungen.
- Für die Entsorgung der Verpackungen zahlen die Verbraucher an der Ladentheke – oder eben mit der Kreditkarte im Internet: Auf jedes verpackte Produkt (zum Beispiel einen Joghurtbecher) wird ein Lizenzentgelt aufgeschlagen, das die Inverkehrbringer an die dualen Systeme zu zahlen haben.
- Im Durchschnitt zahlt jeder Verbraucher circa 13 Euro im Jahr für die Verpackungsentsorgung, wobei diese Kosten durch die gestiegenen Recyclinganforderungen des Verpackungsgesetzes und die hohen Systemkosten vermutlich deutlich steigen werden.²
¹Rheinische Post ²Verband kommunaler Unternehmen e. V.
Ich nenne es modernes Raubrittertum !!!!!!
Immer nur den Weg des geringsten Widerstands gehen und nie die Verursacher in die Pflicht nehmen.