Der Neuanfang nach Merkels Abgang – Laschet in der Zwickmühle

Zurück in die Zukunft

Der Neuanfang nach Merkels Abgang – Laschet in der Zwickmühle

Aus, vorbei. Mit der Ankündigung Angela Merkels, den Parteivorsitz abzugeben, sind auch ihre Tage als Kanzlerin gezählt. Politik ist im Kern ein undankbares Geschäft. Diese Undankbarkeit aber gehört untrennbar zum Funktionieren dieses Geschäfts dazu. Wenn die Zeiten über eine Führungspersönlichkeit hinweggehen, gibt es keine Rücksichtnahmen mehr auf persönliche oder historische Verdienste. Wenn sich eine Wechselstimmung im Land so gewaltig Bahn bricht wie in den bayerischen und hessischen Wahlergebnissen, dann ist es Aus mit der Selbstbestimmung eines Abgangs – den Merkel zum Ende ihrer dritten Amtszeit versäumt hat.Weiterzumachen, ihr trotziger Versuch, eine gespaltene Union weiter anführen zu wollen, war ihr größter politischer Fehler.

Ob sie persönlicher Ehrgeiz dazu verleitete, die Flüchtlingskrise zu einem besseren Ende führen zu wollen, oder die trügerische Wahrnehmung, auf europäischer Ebene unentbehrlich zu sein: unerheblich. Merkel hat das tragische Momentum auf ihrer Seite. Mit der Ankündigung ihres Rückzugs hat sie wenigstens ihre Würde zurückgewonnen. Doch ihre Verdienste werden erst angemessen gewürdigt, wenn sich der durcheinander geratene politische Laden demnächst neu sortiert hat. Zu dieser Neusortierung gehört, dass alle Kandidaten, die Merkels Segen haben, auf verlorenem Posten stehen. Das gilt für Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich von ihr hat in die Pflicht nehmen lassen, wie für Armin Laschet, der in erster Linie seine nordrhein-westfälische Hausmacht demonstrieren will. Die CDU braucht jetzt einen Parteivorsitzenden, der für das Ende der Ära Merkel steht.

Und sie wird auch keinen anderen wählen. Die Partei weiß nur zu gut, dass sie dann alle Chancen hat, nach einer nicht mehr abzuwendenden Neuwahl wieder für lange Zeit den Kanzler zu stellen. Wenn Friedrich Merz tatsächlich antritt, hat Jens Spahn keine Chance gegen ihn. Merz wäre nicht nur die richtige Figur, das konservative Profil der Union wieder zu stärken (und so auch die Nach-Seehofer-CSU zurück ins Boot zu holen). Führungsqualitäten hat er bereits bewiesen, internationale Erfahrung und Wirtschaftskompetenz bringt er zudem mit. Ob es einem neuen, stärkeren Kanzler mit einer dann wieder arbeitsfähigen Regierung auch gelingen kann, die Krise der liberalen Demokratie wirksam auszubremsen, ist allerdings alles andere als ausgemacht.¹

Es ist fast genau fünf Jahre her, als die damalige NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sagte, dass sie „nie, nie nach Berlin“ gehen wolle. Es war zu der Zeit, als die Mülheimerin fast täglich als Kanzler-Kandidatin genannt wurde. Weil die Sozialdemokratin damals zu den beliebtesten Menschen in der Politik überhaupt zählte. Dass sie nicht in die Hauptstadt wechseln wollte, brachte Kraft unterschiedliche Reaktionen ein: Einige applaudierten, weil sie damit ihre Rolle als NRW-Landesmutter unterstrich. Andere warfen ihr vor, damit eine Machtoption zu verspielen.

Heute steckt ihr Nachfolger Armin Laschet in einer ähnlichen Rolle: Wirft er seinen Hut in den Ring für den Vorsitz der Bundes-CDU (was einer Kanzlerkandidatur gleichkommt), dann schwächt er seine Stellung als Ministerpräsident des wichtigsten Bundeslandes. Lehnt er den Vorsitz ab, dann werfen ihm manche mangelnden Machtwillen vor.

Dennoch ist die Lage bei Laschet noch komplexer: Bewirbt er sich um die Merkel-Nachfolge, dann ist er plötzlich Konkurrent von Jens Spahn und auch Friedrich Merz, die beide extrem ehrgeizig sind und auch aus NRW stammen. Laschets erste Reaktion – erst einmal nichts zu sagen – ist daher verständlich. Dennoch wird er sich bald äußern müssen. Denn NRW hat zu große Aufgaben und Probleme, die einer klaren Führung bedürfen: die Schulen, die Infrastruktur, der Strukturwandel, die verschuldeten Städte und vieles mehr. Für all das wird in Düsseldorf ein Mensch benötigt, der sich ganz und gar kümmert. Wer auf dem Absprung steht, kann das nicht.²

¹Friedrich Roeingh – Allgemeine Zeitung Mainz ²Manfred Lachniet – Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

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