Aus dem Soli wird die Corona-Abgabe

Gemeindebund erwartet Steuerausfälle von bis zu 30 Milliarden Euro in diesem Jahr

Der Gemeindebund erwartet wegen der Corona-Krise Steuerausfälle von bis zu 30 Milliarden Euro allein in diesem Jahr. „Städte und Gemeinden sind mit mindestens 30 Prozent bei den Steuerausfällen dabei, die das Finanzministerium allein für 2020 auf mehr als 100 Milliarden Euro schätzt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Vor allem bei der Gewerbesteuer erwartet die Kommunen ein dramatisches Minus von bis zu 25 Milliarden Euro in diesem Jahr“, sagte Landsberg vor der an diesem Donnerstag erwarteten Steuerschätzung. Landsberg forderte einen Rettungsschirm von Bund und Ländern in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe für die Jahre 2020 und 2021. Auch der Deutsche Städtetag forderte Milliardenhilfen. „Massive milliardenschwere Hilfe werden wir auf jeden Fall brauchen: als Ausgleich für einen großen Teil der Steuerverluste und wegen der höheren Ausgaben der Kommunen“, sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Zeitung. „Wir brauchen vor der Sommerpause von Bund und Ländern die verlässliche Zusage für einen kommunalen Rettungsschirm“, sagte Dedy.

Es geht um gewaltige Zahlen. Über eine Billion Euro haben Bund und Länder zur finanziellen Bewältigung der Corona-Krise in Aussicht gestellt. Allein in diesem Jahr hat der Bundestag schon einen Nachtragshaushalt mit einer Neuverschuldung von 156 Milliarden Euro verabschiedet. Und spätestens nach der Steuerschätzung am Donnerstag dürfte klar sein, dass dieses Geld nicht reicht.

Deutschland mag für die Krise wie kaum ein anderes Land gerüstet sein. Die Bürger müssen trotzdem diese astronomischen Verluste bezahlen. Wenn die Corona-Krise fast ein Drittel der Wirtschaftsleistung eines Jahres an Kosten verschlingt, lassen sich die Folgen nur Schritt für Schritt abtragen. Jetzt die Steuern zu erhöhen, dürfte den Aufschwung abwürgen. Und eine Vermögensteuer würde nicht ausreichen, auch nur einen Teil der Rechnung zu bezahlen.

Am wichtigsten ist es deshalb, zunächst Wachstumskräfte freizusetzen. Den Digitalisierungsschub, der durch die Krise fast zwangsläufig erfolgt ist, müssen die Unternehmen und die Politik dringend nutzen. Auch die Ausgaben für die Infrastruktur dürfen jetzt nicht opportunistisch dem Rotstift zum Opfer fallen.

Reichen wird das allerdings nicht. Die Bewältigung der Corona-Krise ist eine Aufgabe, die nicht eine Generation allein schaffen kann. Und es muss eine faire Aufteilung der Lasten erfolgen. Deshalb kann es keine Steuersenkungen geben. Vielmehr ist der bestehende Solidaritätszuschlag in eine Corona-Abgabe zu verwandeln. Auch über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer muss nachgedacht werden. Nicht jetzt, aber im Verlauf der Krisenbewältigung. Das ist nicht populär. Aber es geht darum, dass alle gleichmäßig an den Folgen beteiligt werden. Am Ende könnte die Solidarität in der Gesellschaft stärker sein als zuvor. Das wäre nicht die schlechteste Lehre aus der Krise.¹

DIW-Chef Fratzscher warnt vor weiterer Steuererhöhungs-Debatte

DIW-Präsident Marcel Fratzscher hat angesichts des erwarteten schlechten Ergebnisses der Steuerschätzung vor einer fortgesetzten Diskussion über Steuererhöhungen gewarnt. „Ich halte eine Diskussion über Steuererhöhungen derzeit für völlig verfehlt. Es muss jetzt darum gehen, Vertrauen zu schaffen und nicht Unternehmen und Bürger durch die Androhung von Steuererhöhungen zu verunsichern“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. „Im Augenblick muss es darum gehen, die Wirtschaft und die Konsumenten zu entlasten, auch durch Steuersenkungen, damit der Schaden für Deutschland möglichst gering bleibt“, sagte Fratzscher.²

¹Martin Kessler – Rheinische Post

DasParlament

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