Asozial: Verbote sind reine Symbolpolitik

Schulze-Pläne für Beteiligung an Stadtreinigungs-Kosten

Asozial: Verbote sind reine Symbolpolitik

Die Umweltministerin will die Flut an Kunststoffverpackungen zurückdrängen und deshalb die Verpackungsindustrie an den Kosten der Straßenreinigung beteiligen. Die Unternehmen werden die Mehrkosten an die Kunden weitergeben, sodass der Kaffee im Gehen teurer wird. Das kann dazu beitragen, dass wieder mehr Menschen ihren Kaffee im Büro oder im Café aus Tassen trinken. Ein Blick nach Italien könnte anregend sein. Es gäbe etwas weniger Stress und gleichzeitig würden die Straßen sauberer. Eigentlich ginge das auch schon heute – ganz ohne Sonderabgabe.¹

Mit Unverständnis reagiert der Handelsverband Deutschland (HDE) heute auf die Ankündigung der Bundesumweltministerin, Plastiktüten künftig zu verbieten. „Die Einzelhändler haben Wort gehalten und die Vereinbarung mit dem Bundesumweltministerium übererfüllt“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE).

Seit Inkrafttreten der Selbstverpflichtung im Jahr 2016 werden in Deutschland knapp zwei Drittel Tüten weniger konsumiert. Bei leichten Plastiktüten betrage der Verbrauch sogar nur noch die Hälfte der EU-Zielvorgabe für 2025. „Wenn die Plastiktüten komplett verboten werden, stellt sich die Frage nach umweltfreundlichen Alternativen“, so Genth. Angesichts des geringen Anteils von Tüten am Plastikmüll sei die Ankündigung der Ministerin reine Symbolpolitik.²

Kippen im Sandkasten, Kaffeebecher auf der Straße, Burger-Boxen im Gebüsch, Grillreste im Park, Plastiktüten im Straßengraben: Wer das als Zumutung und Ausdruck kultureller Verwahrlosung empfindet, ist kein Spießer. Wer seinen Müll (oder die Hinterlassenschaften seines Vierbeiners, aber das ist ein anderes Thema) nicht ordentlich entsorgt, handelt asozial. Dem ist kaum durch Gesetze beizukommen, es sei denn, man nimmt sich das autoritär regierte Singapur mit seinen drakonischen Strafen für Umweltferkel zum Vorbild.

Es gibt aber einen klaren Zusammenhang zwischen dem rasant gestiegenen Verbrauch von Einwegverpackungen und der Vermüllung des öffentlichen Raums. Dass es nicht noch schlimmer aussieht, ist den vielen Wegräumern in Warnwesten zu verdanken, die Kommunen und Straßenmeistereien beschäftigen. Die Zahlen, die der Mainzer OB Ebling jetzt präsentierte, sprechen für sich: Zwei Drittel des Inhalts, den seine Putzkolonnen aus den Straßen-Mülleimern holen, sind – immerhin ordentlich entsorgte – Einwegverpackungen. Ihre Beseitigung verschlingt viel Steuergeld. Deshalb klingt es erstmal gut, wenn Umweltministerin Schulze ankündigt, die Hersteller von Einwegverpackungen und Wegwerfartikeln an den Entsorgungskosten beteiligen zu wollen.

Doch was bringt es, wenn der Kaffeebecher ein bisschen teurer wird? Die Kämmerer mögen sich freuen, aber die Einwegflut wird dadurch nicht gebrochen. Einzig ein saftiges Pfand könnte die To-Go-Generation vielleicht dazu bringen, auf Mehrweg umzusteigen. Und gegen die Unsitte, seinen Abfall in die Gegend zu feuern, helfen nur gute Erziehung und soziale Kontrolle.³

¹Straubinger Tagblatt ²Handelsverband Deutschland e.V. – Der Einzelhandel (HDE) ³Allgemeine Zeitung Mainz

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